Walk of Häme

Neulich in der Wahlkabine

++ THEMENBILD ++ NR-WAHL: WAHLKARTE/STIMMZETTEL FUeR DIE NATIONALRATSWAHL 2019
++ THEMENBILD ++ NR-WAHL: WAHLKARTE/STIMMZETTEL FUeR DIE NATIONALRATSWAHL 2019APA/ROLAND SCHLAGER
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Warum uns auf dem Stimmzettel so manche Überraschung erwartet.

Langsam, aber sicher wird es ratsam, sich so etwas wie eine fixe Wahlroutine zuzulegen. Während dieses demokratische Hochamt ursprünglich die Häufigkeit von Olympischen Spielen hatte, kam man zuletzt kaum mehr aus dem Wählen heraus. Und wurde früher für den Weg zum Wahllokal oft das Feiertagsgewand ausgeführt, bleibt man jetzt zur Bürgerpflicht einfach in der Jogginghose und schlüpft in die Birkenstock-Schlapfen. Ist ja nichts Besonderes! Ändern könnte man das nur wieder, wenn die nächste Regierung versuchen würde die faktische Legislaturperiode an die gesetzliche Legislaturperiode heranzuführen. Schrittweise natürlich nur (also etwa einmal zwei Jahre am Stück regieren als Anfang). Und wenn man penibel darauf achtet, dass die Briefwahlkuverts auch gut verschlossen sind.

Ist man dann einmal in der Wahlkabine angelangt, muss man sich dieses Mal trotz der Übung allerdings erst einmal auf dem Stimmzettel zurechtfinden, ganz egal welche Partei man wählen möchte. Da steht zum Beispiel an erster Stelle eine Partei zur Wahl, die im ganzen Wahlkampf überhaupt nicht vorgekommen ist: die ÖVP. Da war viel von den Türkisen die Rede, einer Bewegung namens neue Volkspartei oder einer sogenannten Liste Sebastian Kurz, aber ÖVP...? Auch für den SPÖ-Wähler gilt es sich umzuorientieren und nicht, wie seit Bruno Kreisky fast immer, einfach blind die erste Partei am Stimmzettel anzukreuzen: Das könnte diesmal zu ungewollten Mandatsverschiebungen führen.

So mancher blauer Sympathisant wird Phantomschmerzen spüren: FPÖ am Stimmzettel, aber weit und breit kein H. C. Strache auf der Kandidatenliste. Ob Philippa Strache da wirklich ein Ersatz sein kann?

Während sich der Neos-Wähler nur an eine neue Spitzenkandidatin gewöhnen muss (gab es den schwülstigen Listenzusatz „Das neue Österreich“ wirklich immer schon?), wird's für Grünaffine verwirrend: Da ist zum einen auf dem Wahlzettel „Jetzt Grüne“ quasi als Aufforderung zu lesen, was sich wahrscheinlich ohnehin schon einige gedacht haben. Liste Pilz steht nur mehr verschämt darüber. Dafür gibt die Uralt-Listenbezeichnung „Die grüne Alternative“ wieder Sinn.

Dafür müssen sich Grün-Wähler beim Namen des Spitzenkandidaten zwicken: Hatte man Werner Kogler nicht erst vor ein paar Wochen erfolgreich nach Brüssel gewählt?

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2019)

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