Wort der Woche

Der Klimawandel reduziert den Fischfang

Der Klimawandel führt laut IPCC zu einem deutlichen Rückgang des Fischfangs. Da auch Aquakultur ihre Probleme hat, wollen Start-ups nun Meeresfrüchte in der Retorte produzieren.

Die Weltmeere sind in keinem guten Zustand. Das liegt nicht nur an der zunehmenden Verschmutzung etwa durch Chemikalien oder Plastik und an der Überfischung, sondern auch am Klimawandel. Die immer weiter steigenden CO2-Emissionen bewirken höhere Wassertemperaturen, eine Versauerung des Wassers, eine geringere Sauerstoffkonzentration und eine veränderte Schichtung der Wassermassen.

Das hat Konsequenzen für alles Leben im Meer – und die könnten dramatisch ausfallen, wie aus dem diese Woche veröffentlichten Sonderbericht des UN-Weltklimarats IPCC hervorgeht: Verstärktes Korallensterben und mehr Algenblüten sind nur die Spitzen des Eisbergs. Vielmehr wird die gesamte Biomasseproduktion in den Meeren deutlich sinken – je nach Erwärmungsszenario bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um vier bis elf Prozent. Überdies wird sich das Artenspektrum verschieben. Das hat Konsequenzen bis hinab in die Tiefsee – denn es wird auch weniger Biomasse in Form von „Meeresschnee“ in Richtung Meeresboden absinken.

Allen Meeresbewohnern wird daher weniger Nahrung zur Verfügung stehen. Auch wenn dies regional unterschiedlich sein wird, sind sich die IPCC-Experten sicher, dass dadurch das Potenzial für die Fischerei zurückgeht – und zwar, je nach Erwärmungsszenario, um sechs bis 20 Prozent.

Wenn der Fischfang also rückläufig ist und gleichzeitig die Nachfrage nach Fisch weiterhin zunimmt, gibt es daraus nur eine logische Konsequenz: Die Produktion in Aquakulturen wird weiter steigen; schon jetzt stammt die Hälfte aller verspeisten Meeresfrüchte aus Zuchtanlagen, Tendenz stark steigend. Das bedeutet freilich auch, dass der Druck auf die Nahrungsmittelproduktion an Land weiter zunimmt – denn Fische in Aquakultur müssen, anders als Wildfische, gefüttert werden.

Da man hier in absehbarer Zeit an Grenzen stoßen wird (und auch die Aquakultur ökologisch ihre Probleme hat), denken manche Forscher bereits daran, Fischfleisch künstlich in Retorten zu produzieren. Es gibt sogar schon einige Start-up-Unternehmen – etwa Finless Foods (Thunfisch), Wild Type (Lachs), Shiok Meats (Shrimps) oder BlueNalu (u. a. Krebse und Muscheln) –, die rund 100 Millionen Dollar in dieses Ziel investieren.

Diese Entwicklung zeigt einmal mehr, wie vielfältig die Konsequenzen des Klimawandels sind. Und wie wichtig es ist, mit verstärkten Anstrengungen gegen die Erwärmung anzukämpfen.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.

meinung@diepresse.com

www.diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2019)

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