Grafikdesignerin Sabrina Wegerer widmete sich der Angst vor Materialien: Darauf kam sie beim Luflée-Kauf mit einer Freundin, die sich vor Löchern ekelt.
Angst vor Materialien

Wenn sich Menschen vor Löchern oder Luftballons ekeln

Der Mensch weiß, wovor er sich ekeln muss. Vor Schimmel zum Beispiel. Manche werden aber bei ungewöhnlichen Gegenständen panisch. Diesen Ängsten wurde ein Projekt gewidmet.

Clementine hat Angst vor Klebeetiketts. Und das, seit sie denken kann. Ihre schlimmste Vorstellung: ein Etikett in ihrem Essen zu finden – und es versehentlich zu schlucken. Tatsächlich war ihr das schon einmal passiert. Beinahe. Als Teenager sei sie bei einer Freundin zum Essen eingeladen gewesen, Tomaten mit Fleisch. „Und auf der Tomate im Essen klebte noch ein Etikett drauf. Also das war der krasseste Albtraum, dieses Etikett im Mund zu haben. Das war das Allerschlimmste.“

Mit einem Klebeetikett konfrontiert, würde ihr Herz rasen, ihre Brust würde sich zusammenziehen, der Magen umdrehen. Übelkeit, Schwitzigkeit, Gefühl der Ohnmacht, Verspannung, kreuzt Clementine auf einer Auflistung von Symptomen an. Und noch mehr. Clementines Leidensgeschichte ist im Buch „Phobia – über Ekel, Angst & Furcht“ festgehalten: Sabrina Wegerer widmete ihr Diplomprojekt am Kolleg der Wiener Graphischen diesen „spezifischen Phobien“, wie man sie nennt. Auch Clementines Etikettphobie fällt darunter, wobei man „Phobie“ hier eher umgangssprachlich sehen muss: „Wenn man alltagssprachlich sagt: ,Da hab' ich eine Phobie‘, wird oft eine stark ausgeprägte Aversion gemeint“, sagt Wegerer.

Wer darunter leide, versuche, die Objekte zu meiden. In der Regel entstehen solch spezifische Phobien durch spezielle, persönliche Erfahrungen. Der Psychologe Alfons Hamm, der an der Universität Greifswald unter anderem zu Panikstörungen und Phobien forscht, sagt in „Phobia“, dass es sich bei den Grundlagen spezifischer Phobien meist „um Fantasiekonstrukte und Assoziationsketten“ handle: „Das liegt daran, dass wir uns über Imagination in bestimmte Emotionen hineinversetzen können.“ Objekte würden vermieden, weil Gedanken an sie so unangenehm seien: „Die meisten reden von Furcht, aber auch von großem Ekel, also eine Mischung aus mehreren Empfindungen, die diesen starken Drang zum Vermeiden hervorrufen.“

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