Ex-Minister Grasser und sein Trauzeuge Meischberger waren sich wegen eines Kalendereintrages uneinig. Ex-Immofinanzchef Petrikovics ortete Lügen, „dass sich die Balken biegen“.
Am 109. Verhandlungstag im Korruptionsprozess um die Affären Buwog und Terminal Tower hätte eigentlich die Verhandlungsfähigkeit des mitangeklagten Immobilienmaklers Ernst Karl Plech überprüft werden sollen, der seit Mai 2018 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr vor Gericht erschienen ist. Allerdings: Der 75-Jährige erschien nicht. Die Begründung: Er habe ein „akutes medizinisches Problem“.So wurde den übrigen Angeklagten die Möglichkeit eingeräumt, zu den bisherigen Zeugenaussagen Stellung zu beziehen - eine Option, die sich der Fünftangeklagte, der frühere Immofinanzchef Karl Petrikovics, nicht entgehen ließ.
Petrikovics hatte sich bereits zu Prozessbeginn vor fast zwei Jahren nicht schuldig bekannt. Am Dienstag belastete er erneut den mitangeklagten Vorstandsdirektor der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ), Georg Starzer. Letzterer habe bei seinen Einvernahmen „ein selektives Erinnerungsvermögen" gehabt, meinte Petrikovics. Konkret: Starzer habe „gelogen, dass sich die Balken biegen“.
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Außerdem führte Petrikovics aus, dass die RLB OÖ in der angeklagten Buwog-Causa der Konsortialführer des „Österreich-Konsortiums" beim Kauf der Bundeswohnungen gewesen sei. Warum der Landesbank so sehr an der Führerschaft gelegen sei, war ihm nicht klar. Zur Erinnerung: Die Bundeswohnungen gingen für rund 961 Millionen Euro an ein Konsortium von RLB OÖ und Immofinanz, die CA Immo als Mitbewerber ging leer aus - sie hatte 960 Millionen Euro geboten.
Mittelsmann Hochegger
Petrikovics zufolge war Starzer, respektive die RLB OÖ, bei der Abmachung mit dem (ebenfalls mitangeklagten) PR-Berater Peter Hochegger dabei, wonach dieser im Gegenzug für Informationen zum Bieterprozess eine Provision von einem Prozent des Kaufpreises kassieren würde. Petrikovics gibt an, er selbst habe Starzer nach der ersten Bieterrunde, am 7. Juni 2004, davon informiert, dass man in der zweiten Runde über 960 Millionen Euro bieten müsse - was Hochegger ihm zuvor persönlich mitgeteilt habe, der zu ihm ins Büro gekommen sei.
Daraufhin habe die RLB OÖ ein neues Angebot für 961 Millionen Euro berechnet. Petrikovics zufolge hat die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich auch einen Teil der Provision für Hochegger bezahlt; ihr Anteil sei demnach beim ESG-Verkauf an die Immofinanz hineinverrechnet worden. Alle Punkte werden von Starzer vehement bestritten.
Starzer: Vorwürfe „aktenwidrig und falsch“
Nach der fast zwei Stunden dauernden Erklärung von Petrikovics, erteilte Richterin Marion Hohenecker das Wort an Starzer, der betonte, dass er die Behauptungen von Petrikovics „nicht so stehen lassen will". Diese Vorwürfe seien allesamt „aktenwidrig und falsch".
Ebenfalls zu Wort kam der Zweiangeklagte, der ehemalige FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger. Hohenecker fragte ihn zu einer Kalendernotiz von jenem Tag, an dem der Ministerratsbeschluss zum Verkauf an das „Österreich-Konsortium“ stattfand. Meischberger hatte damals nämlich notiert: „Tag der Tage“. Der Angeklagte meinte, er habe dazu jetzt „keine konkreten Erinnerungen". Er sei sich aber sicher, meinte er dann, dass der Termineintrag nichts mit Grasser zu tun hatte. Woraufhin sich Grasser meldete und auf einen Fehler im Terminkalender seines Trauzeugen Meischberger verwies. Das wiederum bestritt Meischberger. Darauf folgte eine Replik der Richterin: „Sie müssen jetzt nicht zu streiten beginnen."
Die Vorwürfe auf einen Blick
Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – geflossen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern? Und: Teilten sich Grasser, sein Trauzeuge Walter Meischberger, der Immobilienmakler Ernst Karl Plech und der Lobbyist Peter Hochegger die Provision auf?
Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.
Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe, lediglich Peter Hochegger legte ein Teilgeständnis ab. Es gilt die Unschuldsvermutung.
(Red./APA)