Europa

Schwarz-grüne Avantgarde in Dublin, Helsinki und Riga

In Finnland, Lettland und Irland gab es schon eine grüne Regierungsbeteiligung mit Konservativen – nicht aber in Deutschland.

Wien. Zwei Mal in den vergangenen Monaten, zur EU-Wahl und zur Nationalratswahl, hat Robert Habeck als Galionsfigur seine österreichischen Parteifreunde im Wahlkampf unterstützt. Der Co-Chef der deutschen Grünen hat durchaus ein Eigeninteresse: In Berlin war eine Koalition zwischen Union, Grünen und der FDP vor knapp zwei Jahren gescheitert. Beim nächsten Mal könnte es angesichts der aktuellen Umfragen allerdings ernst werden zwischen Schwarz und Grün – ein Bündnis, worüber Cem Özdemir und Co. bereits seit Langem räsonieren.

Auf Länderebene gibt es derzeit in Hessen und Baden-Württemberg eine schwarz-grüne Koalition, in Stuttgart sogar unter Führung des Grünen Winfried Kretschmann – und in Schleswig Holstein, Habecks Heimat, unter Mitwirkung der Liberalen, eine Jamaika-Koalition.

Die längste Tradition in puncto Schwarz-Grün hat indes Lettland. Die „Union der Bauern und Grünen“ (ZSS) gilt als eher rechtsgerichtet und war schon 2002 in eine von den Konservativen geführte Koalition eingetreten. Nach Turbulenzen avancierte der Grün-Politiker Indulis Emsis 2004 sogar für zehn Monate zum Regierungschef. Die ZSS war von 2002 bis 2011 und von 2014 bis Anfang 2019 an Mitte-rechts-Regierungen beteiligt. Die Regierungsverantwortung hatte letzthin jedoch einen negativen Effekt: Bei der Parlamentswahl vor einem Jahr wurde die ZSS halbiert – auf knapp unter zehn Prozent – und sitzt jetzt in der Opposition.

Auch in Finnland waren die Grünen bereits unter konservativer Führung an der Regierung beteiligt. Unter dem Rechtsliberalen Matti Vanhanen endete das Bündnis mit Konservativen und der Schwedischen Volkspartei in einem Debakel. Später mischten die Grünen noch in einer Großen Koalition mit.

In Tschechien holte die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) von Mirek Topolánek die Christdemokraten und Grünen (SZ) in eine Dreierkoalition. Die Regierung, in der die Grünen mit Karel Schwarzenberg den Außenminister stellten, hielt sich aber nur zwei Jahre. Die Grünen verschwanden in der Folge im politischen Orkus.

In Irland, der grünen Insel, schafften es die Grünen 2007 in eine Regierung, weil Premier Bertie Ahern (von der Rechtspartei Fianna Fáil) nach dem Absturz seines liberalen Juniorpartners Progressive Democrats (PD) einen zusätzlichen Koalitionspartner brauchte. Er formte eine Dreierkoalition mit Grünen und PD, die unter Aherns Nachfolger Brian Cowen 2009 in eine konservativ-grüne Zweierkoalition überging. Die Grünen stellten zwei Minister (für Umwelt und Energie), flogen nach einem Debakel allerdings aus dem Parlament. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2019)

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