Gastkommentar

So schlecht kann diese Message Control nicht sein

Peter Kufner
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Die Missverständnisse der Medien mit dem Begriff „Message Control“.

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Wenn es um die Kommunikationspolitik von Sebastian Kurz geht, dann ist der Begriff „Message Control“ schnell zur Hand. Egal, ob Journalisten, Politiker oder sonstige Bedenkenträger, der Message-Control-Vorwurf eignet sich für vielfältige Kurz-Kritik. Interessant ist bloß, dass sich keiner der so Besorgten die Mühe macht, genau darzulegen, was unter Message Control zu verstehen ist. Fragt man Wikipedia, so findet man den Begriff „Control-Message“, erklärt als „eine besondere Form des Postings im Usenet“, also eher unbrauchbar für eine politische Diskussion. Das Renner-Institut definiert den Begriff als „Steuerung der Informationspolitik auf allen Ebenen“.

Diese Steuerung der Informationspolitik kann unterschiedlicher Natur sein. Die Kurz-Kritiker verstehen darunter mehrheitlich einen fragwürdigen Umgang mit den Medien bzw. der gesamten Öffentlichkeit. Und in der Tat sind die Verbreitung von Halb- und Unwahrheiten, die Einschränkung der Pressefreiheit, eine reine Schönwetter-Öffentlichkeitsarbeit und ein Negieren von konstruktiver Kritik im Sinne eines demokratischen, offenen Diskurses problematisch und abzulehnen.

Das Lied der alten ÖVP

Eine andere Sichtweise von Message Control bezieht sich aber auf den Wortlaut des Begriffes, nämlich eine in sich stimmige, klare, eindeutige und mit den einzelnen Akteuren abgestimmte Vorgangsweise im Umgang mit Medien und anderen Stakeholdern. Die alte ÖVP kann ein Lied davon singen, wie die diversen Landes- und Bündepolitiker widersprüchliche und verwirrende Aussagen zu ein- und demselben Thema gemacht und damit Glaubwürdigkeit und Kontur der Partei untergraben haben. Kurz ist es gelungen, die Partei und die Teilorganisationen mit (halbwegs) einer Stimme sprechen zu lassen, inhaltliche Unterschiede intern auszudiskutieren und nach außen hin geschlossen aufzutreten. Dies dürfte auch einer der wesentlichen Gründe für seine Erfolge sein. In der SPÖ wiederum, deren Kommunikationspolitik früher wie aus einem Guss war, leidet man seit geraumer Zeit unter in der Öffentlichkeit ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten.

Stellen Sie sich vor, in einem Unternehmen sagt jeder Abteilungsleiter seine persönliche, mit der gesamten Geschäftspolitik nicht abgestimmte Meinung zu Fachfragen in der Öffentlichkeit – diese Firma wird bald in Schwierigkeiten kommen, Beispiele dafür gibt es genug. Ich war lange Jahre Geschäftsführer im Kuratorium für Verkehrssicherheit, und selbstverständlich gibt es auch dort unterschiedliche Auffassungen der Experten zu Fachfragen, etwa zum Thema Tempolimit. Hier sind die Standpunkte ausführlich zu diskutieren, und die besseren Argumente ergeben die gemeinsame Marschroute, die zu vertreten ist. Message Control in diesem Kontext bedeutet also eine diskutierte, einheitliche Sprachregelung zur Erreichung gemeinsamer Ziele.

» So könnte man ruhig sagen, der Sonnenkönig und Journalistenkanzler“ Kreisky verstand sich im besten Sinn auf eine erfolgreiche Message Control.«

Franz M. Bogner

Message Control im positiven wie im negativen Sinne hat es immer gegeben. Ich erinnere mich an meine Zeit als Redakteur der „Presse“, als der hoch anerkannte, bürgerlich-konservative Chefredakteur Otto Schulmeister von Gesprächen mit Bruno Kreisky in die Redaktion zurückkam und in höchsten Tönen von seinem genialen Gegenüber sprach. So könnte man ruhig sagen, der Sonnenkönig und „Journalistenkanzler“ Kreisky verstand sich im besten Sinn auf eine erfolgreiche Message Control. Letztlich ist jedes überzeugende Argumentieren eine Form der Kommunikation, die man, will man jemanden ins schlechte Licht rücken, mit dem inzwischen zum Schimpfwort mutierten Begriff „Message Control“ madig machen kann.

Prof. Dkfm. Franz M. Bogner (* 1944), Kommunikationschef Schoeller-Konzern, ehem. Wirtschaftsredakteur „Die Presse“, Geschäftsführer Kuratorium für Verkehrssicherheit, Uni-Lehrer im Bereich Kommunikationsmanagement & PR.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2019)

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