Banken im Würgegriff von Nullzinsen und Rezession

Die heimischen Institute sind besser aufgestellt als ihre europäischen Mitbewerber.
Die heimischen Institute sind besser aufgestellt als ihre europäischen Mitbewerber. REUTERS
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Österreichs Geldinstitute sind profitabler als ihre europäische Konkurrenz. Generell müssen alle Banken neue Ertragsquellen erschließen.

Wien. Negativzinsen: Seit die Europäische Zentralbank die Einlagenzinsen weiter ins Negative auf minus 0,5 Prozent gesenkt hat, was bedeutet, dass die Banken für bei der EZB geparktes Geld 0,5 Prozent Strafzinsen zahlen müssen, hängt dieses Damoklesschwert noch tiefer über den Geldinstituten. Vor allem in Deutschland gehen die Wogen hoch, haben die deutschen Institute doch schon im Vorjahr mit 2,4 Mrd. Euro „geblutet“.

Verdienen die Banken überhaupt noch Geld? Und wenn, womit? Diese und andere Fragen zu diesem Thema stellte der Strategieberater für Finanzdienste ZEB heuer zum sechsten Mal den 50 größten europäischen Banken sowie den 15 österreichischen Instituten. Die Antworten fallen durchaus gemischt aus.

Die gute Nachricht: Die heimischen Institute sind, sowohl, was die Kapitalausstattung betrifft, als auch die Liquidität, besser aufgestellt als ihre europäischen Mitbewerber. Aber auch diese lagen mit einer Kernkapitalquote von 13,9 Prozent im Vorjahr über den bisher erforderlichen acht Prozent (in der Schweiz zehn), die 2019 auf bis zu 13 Prozent steigen. Die österreichischen Banken erreichten laut ZEB-Studie sogar 14,7 Prozent. Auch bei der Liquidität liegen sie über dem EU-Schnitt.

Diese vergleichsweise gute Position spiegelt sich auch in der Bewertung der börsenotierten Banken wider: „Wer 2013 in österreichische Bankaktien investiert hat, erzielte eine Rendite von 4,2 Prozent pro Jahr, während das gleiche Investment in europäische Bankaktien zu einem Verlust von durchschnittlich 3,2 Prozent pro Jahr geführt hat“, sagte ZEB-Partnerin Michaela Schneider am Mittwoch bei der Präsentation der Studie.

Gewinne aus Einmaleffekten

Die Banken haben zwar ihre Nettogewinne seit 2014 kumuliert von 67,8 auf 121,1 Mrd. Euro (Österreich: von 0,3 auf 6,1 Mrd. Euro) steigern können. Das täuscht allerdings über die Ertragsprobleme hinweg: Eine Eigenkapitalrendite von 7,2 (Europa) bzw. 10,2 (Österreich) Prozent sei „tiefes Niveau“. Zumal die Gewinne großteils nicht aus dem operativen Geschäft kämen, sondern aus Einmaleffekten wie der Auflösung von Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten oder Wertberichtigungen. „Das sehen wir kritisch, denn solche Effekte lassen sich nicht wiederholen“, sagte Schneider.

Durch die anhaltende Nullzinsphase und die sich abschwächende Konjunktur kommen die Geldinstitute noch mehr unter Druck. „Eurogloom“ nennen die ZEB-Experten das Negativ-Szenario, in dem die Profitabilität der Banken bis 2023 auf 1,9 Prozent sinken würde. Oder, in Zahlen ausgedrückt: Es würde eine Gewinnlücke von 62 Mrd. Euro entstehen.

„Die Banken müssen an allen Hebeln drehen, um dagegenzuhalten: Kosten senken und gleichzeitig Erträge steigern“, betonte ZEB-Senior-Manager Andreas Sumper. Sparen allein werde jedenfalls nicht ausreichen, um die Kapitalkosten zu verdienen. Wenn es um Erträge geht, spielt die Digitalisierung eine Schlüsselrolle. „Banken, die ihre Geschäftsmodelle und Prozesse frühzeitig digitalisiert haben, die sogenannten Pioniere, stehen deutlich besser da“, sagt Sumper. Es bleibe allerdings offen, ob die Digitalisierung der Treiber höherer Gewinne war bzw. ist oder ob sich „reichere“ Banken mehr Investitionen in Digitalisierung leisten können.

Wie auch immer – eines scheint klar: Die sogenannten Nachläufer müssen sich rasch bewegen, ansonsten sieht es für sie düster aus. Generell sollten die Banken von den IT-Riesen und deren Omnipräsenz im Alltag lernen, heißt es in der ZEB-Studie. Das heißt, nicht nur reine Bankleistungen, sondern als Plattform ein Bündel neuer Dienstleistungen anbieten. (eid)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2019)

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