Die Ich-Pleite

Gesichtsausdrückelesen

(c) Carolina Frank
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Im Erkennen von Angst, Trauer, Wut, Scham, Freude, Ekel, Verachtung, Stolz und so weiter sind wir unschlagbar – unabhängig von Hautfarbe, Religion oder Geschlecht. Doch halt!

Der Algorithmus kann auch nicht alles. In England hat man zum Beispiel einen Versuch mit einem Polizeicomputer gemacht, der Gesichter erkennen sollte. 80 Prozent Fehlerquote! Hehe! Der Algorithmus wird natürlich sekündlich besser, aber wenn es um das Deuten von Gesichtsausdrücken geht, haben wir Menschen die Nase vorn. Das haben wir in der Zeit gelernt, als uns klar wurde, dass nicht der Säbelzahntiger unser größter Feind ist, sondern der Zweibeiner, der mit dem Faustkeil hinter ihm steht. Oder der Zweibeiner, der neben uns in der Höhle schläft und heimlich hinter einer anderen herschleicht. Im Erkennen von Angst, Trauer, Wut, Scham, Freude, Ekel, Verachtung, Stolz und so weiter sind wir unschlagbar – unabhängig von Hautfarbe, Religion oder Geschlecht.
Doch halt! Beim Geschlecht gebe es Unterschiede, sagt die Forschung. Frauen seien bei der Gefühlserkennung deutlich besser als Männer. Vor allem bei den Gefühlen „Angst" und „Ekel". Ich spekuliere jetzt nicht, was das für einen evolutionären Sinn gehabt haben könnte. Die Evolution kann sich ja auch einmal irren.

Seit kleine Kinder öfter ins Smartphone schauen als der Mutter ins Gesicht, ist allerdings ein deutlicher Rückgang im Gesichtsausdrückelesen zu erkennen. Das muss nicht negativ sein. Vielleicht erkennt man in Zukunft nicht sofort, wenn jemand Hilfe braucht, aber dafür gibt’s ohne Gesichtsausdrückelesen auch keinen Dialog wie diesen mehr: Er: „Es ist Grün!" Sie: „Willst du fahren!?"
Er: „Hast du schon wieder die Regel?" ­
Sie: „Seit wann interessiert DICH das?" Er: „Ich frag ja nur!" Sie: „Eben!"
Er: „Heute Abend muss ich übrigens Überstunden machen." Sie bremst scharf ab und brüllt: „Aber die Kinder bleiben bei mir!"

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