Designkritik

Architekturaufreger: "Schöner parken" vor Schönbrunn

Was brauchen Autos mehr als Asphalt? Vor allem wenn sie parken. Dachte man, als man das „Arrival Center Schönbrunn“ plante.

Ja, es muss wieder sein: Man kann nicht nicht kommunizieren. Es muss einfach wieder mal gesagt werden. Und hätte ich's nicht gesagt, dann hätte man damit ja auch wieder was gesagt. Oder so. Architektur ist das beste Beispiel. Kaum steht sie da, signalisiert sie ständig etwas. Bis man sie wieder abreisst. Aber selbst das signalisiert ja auch wieder etwas. Kompliziert. In Schönbrunn sagt die Architektur (des Schlosses): „Oh, es waren schöne Zeiten, als wir soviel Geld hatten, uns ein eigenes Versailles zu bauen. Ok, es ist etwas kleiner ausgefallen, soviel Geld hatten wir dann doch nicht“. Die heutige inhaltliche Befüllung des Schlosses und vor allem seiner räumlichen Umgebung hat zu einem Gutteil die Geschichte erledigt – Sisi, Franz und die paar Kleinigkeiten davor – zum Großteil wird das Areal aber heute von der Schloss Schönbrunn Kultur und Betriebsges.m.b.H. befüllt. Mit noch mehr Möglichkeiten, noch mehr Geld auszugeben. Denn Schönbrunn zieht – siehe Sisi, Franz.

Das Problem an Attraktionen, sagt schon die Etymologie hinter dem Wort – sie ziehen noch mehr an als bloß Interesse: Menschen und auch Autos. Die brauchen wiederum Architektur, um verstaut zu werden. Oder: Landschaftsarchitektur. Oder so etwas Ähnliches wie Freiraumplanung. Aber eigentlich eh egal: Denn wer ist schon mal  extra wegen des Parkplatzes auf einen Parkplatz gefahren? Da wollte Schönbrunn jetzt auch nicht positiv herausstechen. Mit seinem neuen Parkplatz – für Busse: Asphalt mit Bäumen dazwischen und eine zaghafte gestalterische in Metall gestanzte Blätter-Prognose für die Zukunft. Mit andern Worten: „Arrival Center Schönbrunn“. Hier in der Frischluftschneise des Wientals, zwischen U-Bahn-Station und Schloss-Areal, drückt man den noch zarten Bäumchen die Daumen, dass sie es schaffen - vor lauter Asphaltwüste. Nämlich so hoch und imposant zu werden wie die Doppeldecker-Busse, die hier auch Touristen anspülen. Hier vor allem in der unangenehmsten Erscheinungsform, wie sie Einheimischen begegnen können: wie eine amorph vor sich hin wabernde Masse. Ähnlich wie eine Qualle. Nur beweglicher. Eher so wie der „Blob“ aus dem gleichnamigen Horrorfilm aus den 1980er Jahren. Dort war der böse „Blob“ natürlich viel gemeiner als es Touristengruppen heute sind. Aber in der durchschnittlichen Stadt des Overtourism ist er meist auch ziemlich drüber – vor allem beim Thema „rücksichtslos“.

Gut also, wenn man den „Blob“ ein bisschen durch einen langgezogenen Käfig schickt: Hier durch ein endloses weißes Rankgitter, das regelmäßige Regenrinnen gerade noch zum Bauwerk qualifizieren. Die karge Blätter-Prognose für dereinst üppigere Jahre hat man vorsorglich in Metall gestanzt. Man weiß ja nicht ob aus den Bäumen etwas wird. Das war's dann aber schon mit dem Gestaltungsansatz. Kartoffeldruck wirkt ästhetisch elaborierter und feiner exekutiert. Der Rest der Gestaltung ist: kreatives Schweigen. Nach der ganz oben zitierten Kommunikationsmaxime bedeutet das ungefähr folgendes (vom Architektonischen ins Augenscheinliche übersetzt): „Hallo, ich bin eine Infrastruktur. Keine Angst, ich tu dir nix. Folge einfach der wabernden Masse da vorne, kauf dir was Schönes in unserem Geschäft – nein es ist kein Tankstellenshop, auch wenn es so aussieht“. Aber Achtung: Haben wir gar versehentlich eine zweite Gestaltungsidee übersehen? Weil ja hier Busse parken (Und die müssen ja tanken).

Doch eigentlich hat Schönbrunn und das „Arrival Center Schönbrunn“ recht mit dem, was sie uns architektonisch sagen: Autos, Busse, Benzinmotoren, Auspuffrohre – sie haben's nicht anders verdient, als gestalterisch missachtet zu werden. Doch das war gar nicht der Plan, wie die Presseaussendung verrät: „Endlich schöner parken in Schönbrunn“ rief sie in die Redaktionen. Der Designhöhepunkt ist übrigens nicht die rostige, blatt-gestanzte Mauer, sondern der Kassenautomat gleich beim Schranken. Schwarz-glänzend, so wie sich Parksystem-Technologie-Unternehmen eben „Design“ vorstellen. Er bietet die Höchstzahl möglicher Schlitze, in die man immer genau das Falsche hineinstecken könnte. Zum Glück wurden sie mit Tixo und Papierschnipseln beschriftet. So entglitten ist Interface-Design seit der ÖBB-Online-Ticketbuchung nicht mehr. Dabei hatten die Gestalter wahrscheinlich wirklich große Ambitionen, das verrät schon der Name, der Firma, die den Automaten aufstellte: „Designa“. Aber mit großen Ambitionen kann man ja auch in den Baumarkt gehen.

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