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Neues Wohnen: Digital Natives verändern den Markt

Strabag Real Estate und GBI realisieren derzeit 313 Mikroappartements beim Bahnhof Heiligenstadt im 19. Wiener Bezirk.
Strabag Real Estate und GBI realisieren derzeit 313 Mikroappartements beim Bahnhof Heiligenstadt im 19. Wiener Bezirk.(c) JamJam/GB
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Alternative Wohnformen wie Micro-Living, Co-Living oder Serviced Apartments sind in den europäischen Großstädten stark im Kommen.

Die Urbanisierung, der demografische Wandel und die Flexibilisierung der Arbeitswelt führen zu veränderten Nachfragestrukturen auf den europäischen Wohnungsmärkten. Da der Wohnraum durch die steigende Anzahl von Single-Haushalten insbesondere in den Metropolen knapper wird, sind neue Wohnformen gefragt. Die Immobilienwirtschaft reagiert zunehmend auf diese Entwicklungen und hat neue Wohnkonzepte wie Micro-Living, Co-Living, Studenten-, Businessapartments oder Serviced Apartments etabliert.

 

Trend Mikroappartements

Diese Konzepte eint, dass die einzelnen Wohnungen eher kleinteilig, dafür aber mit einem Maximum an Flächeneffizienz geplant sind. „Sie bieten vor allem die erforderliche Flexibilität, mit der ein Kompromiss zwischen einem geringeren Bedarf an Fläche und einer Nachfrage nach verbesserter Ausstattung leichter geschlossen werden kann“, heißt es in der Studie „Micro-Living in Europa“ von Bulwiengesa, die für die Union Investment Institutional Property GmbH erstellt wurde. Generell lässt sich feststellen, dass junge Berufstätige, Berufspendler, Expads, digitale Nomaden und Studenten in Mikroappartements eine Alternative zu traditionellen Ein- und Zweizimmerwohnungen sehen. „Um den Wohnansprüchen der sogenannten Digital Natives gerecht zu werden, passen Anbieter von Mikroappartements ihr Angebot fortlaufend an. So existieren bereits Betreiber, die den Gedanken an Community und Nachhaltigkeit in den Fokus rücken“, sagt Andreas Polter, Head of Residential Portfolio Investment bei Cushman & Wakefield. Bedingt durch den Wohnungsmangel seien Mikroappartements vor allem in Groß-, aber auch in Universitätsstädten stark im Kommen. Typischerweise werde eine All-in-Miete erhoben, die sämtliche Betriebskosten, Strom, Möblierung, WLAN und teilweise auch die Bettwäsche abdeckt, ergänzt Polter.

Zu den führenden Anbietern von Micro-Living-Konzepten zählt die an der deutschen Börse notierte Corestate. Neben den Produktlinien Youniq und Linked Living hat das Unternehmen mit Joyn mittlerweile sogar eine Micro-Living-Luxusvariante auf dem Markt etabliert. „Wir haben bereits vor zehn Jahren das Potenzial dieser mittlerweile eigenständigen Assetklasse entdeckt und gestalten seitdem aktiv diesen Wachstumsmarkt mit“, sagt Philipp Rohweder, Director Investments bei Corestate.

Eine spezielle Variante dieser Assetklasse ist das Studentenwohnen. Hier hat sich in den vregangenen Jahren Wien als besonders dynamischer Markt hervorgetan. Unter den derzeit sechs in Bau befindlichen Projekten sticht unter anderem der DC Tower 3 heraus, wo rund 830 Appartements entstehen sollen. Platz für 670 Studierende werden die Upartments im Triiiple bieten (Betreiber Corestate aus Luxemburg), 380 Mikro-Appartements sind in St. Marx geplant, wo iLive aus Deutschland baut. Im Square-2-Komplex sind 315 Einheiten geplant. Einer aktuellen Catella-Studie zufolge ist das Angebot an Studierendenwohnheimen in Wien auf inzwischen 123 mit 20.366 Betten gestiegen.

 

Neue Wohngemeinschaften

Neben Micro-Living rücken auch Co-Living-Konzepte stärker ins Rampenlicht von Immobilienentwicklern. Hinter diesem Begriff steckt nichts anderes als die gute alte Wohngemeinschaft, allerdings in etwas anderem Gewand. Zielgruppe sind eher Freelancer oder digitale Nomaden, die ständig den Arbeitsplatz wechseln. Infolgedessen ist diese Wohnform auch einer vergleichsweisen hohen Fluktuation ausgesetzt. Im Grund genommen ist Co-Living eine neue Art des Wohnens, bei der junge Berufstätige in möblierten WGs mit hohem Standard zusammenwohnen, sich dabei beruflich in Gemeinschaftsräumen vernetzen und Bad und Küche miteinander teilen. In Deutschland gibt es bereits in Berlin, München oder Köln solche Angebote, die ihren Ursprung im kalifornischen Silicon Valley haben. Da auch Investoren an die Zukunft dieser Form des Zusammenwohnens glauben, erhöht sich entsprechend das Angebot. Zu den führenden Co-Living-Anbietern in Europa zählt die Medici Living Group, die weltweit circa 1800 Co-Living-Betten anbietet.

 

Serviced Apartments

Während Mikroappartements und Co-Living-Places noch relativ junge Wohnkonzepte sind, zählen Serviced Apartments – strukturell angesiedelt zwischen Hotel und Wohnen – zu den stark nachgefragten Modellen des temporären Wohnens. Im Gegensatz zur Wohnnutzung werden neben einer Komplettmöblierung zusätzliche Dienstleistungen wie wöchentliches Reinigungsservice, Rezeption, Verpflegungsangebote und Ähnliches angeboten.

Festzuhalten ist, dass bedingt durch die sogenannten Elite Business Travellers, die international agieren und häufig für längere Zeit ihren Arbeitsort wechseln, generell ein Rückgang von kurzen Aufenthalten (weniger als eine Woche) zu einem Übergang zu längeren und langen Aufenthalten mit mehr als einem Monat (long-stay) zu beobachten ist. „Europaweit werden Serviced Apartments vornehmlich in Großbritannien mit 41,5 Prozent und Deutschland mit 32,4 Prozent – bis 2020 sind 10.320 Einheiten geplant – den größten Anteil ausmachen“, heißt es in der Marktstudie des Beratungsunternehmens Catella.

 

AUF EINEN BLICK

• Mikroappartements: Sie verfügen meist über kaum mehr 20 m2, ihre Flächen sind dafür mit einem Maximum an Effizienz durchgeplant. Zielgruppen sind Berufspendler, Studenten oder digitale Nomaden.

• Co-Living: Eine moderne Form der Wohngemeinschaft. Zielgruppen sind digitale Nomaden oder Freelancer, die ständig den Arbeitsplatz wechseln. Die Fluktuation ist hoch.

• Serviced Apartments: Strukturell angesiedelt zwischen Hotel und Wohnen werden sie häufig von „Elite Business Travellers“ in Anspruch genommen, auch für längere Zeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2019)


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