Wien

Verkehrsgipfel: Worte statt Taten

Kündigte weitere Gespräche zum Thema Verkehr an: Wiens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein.
Kündigte weitere Gespräche zum Thema Verkehr an: Wiens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Eine Vereinfachung der Parkraumbewirtschaftung, der S-Bahn-Ausbau sowie die umstrittene Citymaut wurden am runden Tisch erörtert. Weitere Sitzungen sollen folgen.

Wien. Nein, konkrete Lösungen wurden nicht präsentiert. Aber wenigstens brachte der am Donnerstag von Wiens Grünen-Verkehrsstadträtin Birgit Hebein einberufene Verkehrsgipfel einen Aufriss der Probleme und Forderungen. Im Zentrum standen eine Reform der Wiener Parkraumbewirtschaftung und der Ausbau des öffentlichen Verkehrs – Stichwort: Klimakrise. Abgeordnete aller Fraktionen, Bezirkspolitiker sowie Vertreter der Sozialpartner waren geladen.

Schon Anfang Juni hatten Hebein und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) einen Plan zur Senkung des CO2-Ausstoßes präsentiert: Bis 2030 sollen dieCO2-Emissionen pro Kopf im Verkehrsbereich um 50 Prozent sinken, bis 2050 um 100 Prozent im Vergleich zum derzeitigen Stand. Möglich werden soll dies etwa durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Dieses Thema beschäftigte nun auch die Gipfelteilnehmer.

„Die größte Übereinstimmung gab es beim Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und der Notwendigkeit einer gesamtheitlichen Reform des Parkraumbewirtschaftungsmodells. Der nächste Schritt ist eine Zusammenführung dieser Vorschläge.“ Dies sagte Hebein nach den Gesprächen.

Zonenmodell statt Zersplitterung

Die Wiener ÖVP und die Neos schlagen vor, anstatt des zersplitterten Parkpickerlsystems ein gesamtstädtisches Zonenmodell einzuführen. Je nach Zone bzw. Verkehrsbelastung könnte Parken zu unterschiedlichen Preisen unterschiedlich lang erlaubt sein. So solle es auch zu Lenkungseffekten kommen. Die Freiheitlichen wollen ebenfalls ein neues Parkraumsystem und fordern dafür ein eigenes Landesgesetz.

Die Stadt-Türkisen plädieren überdies für einen U-Bahn-Ausbau bis an die Stadtgrenzen. Und für einen S-Bahn-Ring um Wien. Letzteres wollen auch die Neos. Sie verlangen ferner „massive Investitionen“ in Straßenbahnen und Busse. Wer das alles zahlen soll, blieb freilich offen.

SPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Kubik redete mit der Austria Presseagentur dann aber doch über Geld. Er sieht die künftige Bundesregierung in der Pflicht. Teil des Koalitionspakts müssten Förderungen für die Länder zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sein. Dies betreffe auch die City-maut, für die sich (nur) Hebein ausspricht. Man müsse Pendlern ein Angebot machen, so Kubik. Gebe es keine Alternativen zum Auto, brauche man auch über Gebühren für die Einfahrt in die Bundeshauptstadt nicht reden. Nicht nur bei der SPÖ – auch bei den anderen Fraktionen stößt die City-Maut auf Ablehnung.

Wiens Standortanwalt Alexander Biach präsentierte ein Fünf-Punkte-Programm: Dazu gehören eine Taktverdichtung im öffentlichen Verkehr, um Pendler zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen; der Ausbau von Park & Ride-Anlagen in einem Gemeinschaftsprojekt zwischen Wien und Niederösterreich; der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur; eine Offensive in Richtung Elektromobilität und ebenfalls ein „einfaches Modell zur Parkraumbewirtschaftung“. Ob die Wiener Stadtregierung den vielen Worten und Begehrlichkeiten Taten folgen lässt, bleibt abzuwarten.

Viel auf Schienen unterwegs

Indessen zeigt eine Analyse des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ) auf Basis von Daten der EU-Kommission folgendes Bild: Österreich ist erneut EU-Spitzenreiter beim Schienenverkehr. 2260 Kilometer pro Person und Jahr werden mit Zug, Straßenbahn und U-Bahn zurückgelegt. Das sind doppelt so viele Kilometer wie im EU-Schnitt.

Die Schweiz liegt mit 2605 Kilometern allerdings deutlich vor Österreich. EU-Schnitt: 1130 Kilometer. Deutschland liegt mit 1365 Kilometern an fünfter Stelle. Schlusslicht ist Litauen (110 Kilometer). Auf Zypern und Malta gibt es keinen nennenswerten Schienenverkehr.

Seit 2005 sind die auf der Schiene zurückgelegten Kilometer in Österreich von 15 auf 20 Milliarden Kilometer gestiegen. „Die starke Zunahme ist erfreulich, aber die mit dem Auto gefahrenen Kilometer sind in diesem Zeitraum mit rund zwölf Milliarden doppelt so stark gestiegen“, erklärte VCÖ-Experte Markus Gansterer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2019)

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