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EuGH verunsichert RBI-Aktionäre

Die RBI-Aktie lag am Donnerstag zwischenzeitlich über drei Prozent im Minus.
Die RBI-Aktie lag am Donnerstag zwischenzeitlich über drei Prozent im Minus. (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
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Der EuGH erlaubt in einem Urteil von Donnerstag polnischen Gerichten die Auflösung von Franken-Kreditverträgen. Inwiefern das für die Banken nun ein Problem ist, ist noch unklar.

Wien. Es ist ein Urteil, das schon seit Längerem mit Spannung erwartet wurde: Am Donnerstag veröffentlichte der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun seine Entscheidung über einen Fremdwährungskredit zwischen der Raiffeisen Bank International (RBI) und einem polnischen Ehepaar. Darin erklärte der EuGH es für zulässig, dass polnische Gerichte Kreditverträge in Schweizer Franken für nichtig erklären. Da solche Kredite in Polen im Ausmaß von 28 Mrd. Euro vergeben sind, wird dem Urteil eine weitreichende Wirkung zugeschrieben.

Worst Case abgewendet?

Von der RBI heißt es in einer ersten Stellungnahme: Der EuGH habe eine umfassende und sehr detaillierte Entscheidung erlassen, wodurch es schwierig sei, schon jetzt alle Auswirkungen abzuschätzen. Auf den „ersten Blick“ erscheine es jedoch, dass der EuGH dem Szenario einer Umwandlung der Franken-Kredite in Zloty-Kredite mit Schweizer Zinsen eine Absage erteilt habe.

Ein solches Szenario wäre für die Banken der Worst Case gewesen. Insofern war es am Donnerstag auch schwierig abzuschätzen, inwiefern das Urteil die in Polen aktiven Finanzinstitute negativ beeinflussen wird.

Hintergrund des Urteils war eine Klage eines polnischen Ehepaars gegen ihren Kreditvertrag. Die Kreditnehmer monierten, dass eine Vertragsklausel missbräuchlich sei. Diese Klausel besagt, dass bei der Auszahlung der Franken-Kreditsumme in Zloty der – niedrigere – Ankaufskurs verwendet werde. Bei den Rückzahlungsraten komme jedoch der – höhere – Verkaufskurs zur Geltung.

Aufgrund der EU-Richtlinie gegen missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sei diese Klausel unverbindlich. Damit werde aber auch gleich der ganze Vertrag ungültig, weil es ohne diese Klausel unmöglich sei, einen korrekten Wechselkurs zu bestimmen. Die Kreditnehmer forderten von dem polnischen Gericht, dass der Vertrag in einen Zloty-Kredit umgewandelt werde, die Verzinsung dabei aber weiterhin auf dem günstigeren Niveau der Franken-Zinsen liegen müsse.

Vom polnischen Gericht wurde diese Frage dem EuGH für eine Vorabentscheidung vorgelegt. Dieser erklärte nun, dass es nach EU-Recht zulässig sei, wenn polnische Gerichte die kompletten Kreditverträge für ungültig erklären. Was nicht möglich sei, ist aber, dass die strittigen Klauseln durch allgemeine Bestimmungen des polnischen Rechts ersetzt werden.

Ob ein Fremdwährungskreditvertrag nach dem Wegfall des Fremdwährungsrisikos mit demselben Zinsniveau weitergeführt werden kann, wird vom EuGH nicht eindeutig beantwortet. Es sei „jedenfalls ungewiss, ob die Aufrechterhaltung des betreffenden Darlehensvertrags objektiv möglich ist“.

Ball liegt wieder in Polen

Die konkrete Entscheidung darüber, ob die Fremdwährungskredite nun für ungültig erklärt werden und vor allem, durch welche Art von Kredit sie ersetzt werden, müssten aber die nationalen Gerichte in Polen fällen. Sollten sich daraus für die Kreditnehmer nachteilige Effekte ergeben, so dürfen diese zudem nicht dazu gezwungen werden, sondern müssen den Vertrag auch weiterlaufen lassen können.

Von der Entscheidung der nationalen Gerichte wird es schlussendlich aber auch abhängen, wie groß die negativen Auswirkungen auf die Banken sind. Das verunsicherte am Donnerstag auch die Bank-Aktionäre. So lagen die Papiere der RBI zeitweise um mehr als drei Prozent im Minus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2019)

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