Marokko

„Oh, Sahara!“

18 Löcher, fast alle mit Meerblick, zwischen den Dünen: Den Kurs des Resorts Mazagan am Atlantik hat Gary Player entworfen.
18 Löcher, fast alle mit Meerblick, zwischen den Dünen: Den Kurs des Resorts Mazagan am Atlantik hat Gary Player entworfen.(c) Mazagan Beach Resort
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Fünf-Sterne-Plätze untertags, 1001-Nacht-Zauber abends. Famose Stille, nur unterbrochen durch ein Klack. Und das mitleidige Stöhnen des Caddies: Golfen zwischen Atlantik und Agadir.

Die Minute ist da, die entscheidende Minute der Morgendämmerung. Das Licht reicht aus, um deutlich einen hellen von einem dunklen Faden unterscheiden zu können – der exakt passende Moment für das Morgengebet, so hat Mohammed, der Prophet, es einst verfügt.
Beschwörend tönt in den Städten und Dörfern des gesamten Landes nun die Stimme des Muezzin vom Minarett herab. Hier jedoch, abseits jeglichen Gemeindelebens, auf dem Golfplatz des Resorts Mazagan am Atlantik, etwa eine Autostunde von Casablanca entfernt, herrscht zu dieser Morgenzeit eine famose Stille, durchbrochen nur von wenigen Geräuschen. Gelegentlich ist das An- und Ausrollen der Brandung zu hören. Öfter schon ein Klack. Wenn der Schläger den Ball trifft. Sowie bisweilen ein leiser Fluch. Wenn der Schläger den Ball nicht trifft. Sonst: himmlische Ruhe.

Die 18 Löcher offerieren fast unentwegt Meeresblick und der von Gary Player kreierte Kurs folgt auf tatsächlich sanfteste Weise den naturgegebenen Dünen und Naturgegebenheiten. So dass eine Runde Frühmorgen-Golf einerseits den Menschen zu sich selbst zurückführt. Und andererseits diese Uhrzeit auch ferientaktisch angeraten scheint – um anschließend noch über genügend Zeit zu verfügen, wenigstens einen winzigen Ausschnitt des offerierten Bespaßungsangebotes dieser Anlage wahrnehmen zu können.

500 Zimmer, 250 Hektar

Reiten (auch Kamele), Rad-, Quad- oder Cartfahren, Jet Skiing, Surfen, Volleyball, Pickleball, Tennis oder Fußball spielen (Paris St. Germain trainierte bereits hier), Bogenschießen, Pilates, in einem Kurs arabisch kochen lernen, im Spa inmitten von Dünen mit Atlantikaussicht die Seele sacken zu lassen, den Hamam besuchen, Geld ernten oder verlieren im größten Spielcasino Marokkos (bereits frühmorgens geöffnet, wenn Golfer lieber auf dem Platz zocken), sich wie in einer Menschenschleuder in die Höhe katapultieren lassen ... Gewissermaßen nichts, was es nicht gibt in diesem 250 Hektar-500-Zimmer-und-67-Villen-Resort mit einem sieben Kilometer langen Sandstrand, zwei Swimmingpools und neun Indoor- sowie vier Outdoor-Restaurants. Die Ferienanlage ist deshalb auch äußerst gefragt bei – Unternehmen. „Die lassen hier aus ganz Europa ihre Manager einfliegen und veranstalten Firmen-Seminare und Teambuilding-Events“, erklärt Kadija El Idrissi, Kommunikationsdirektorin des zum weltweit mit Luxusobjekten operierenden Kerzner-Konzerns gehörenden Hotelkolosses. Denn die Flüge nach Marokko seien günstig und in kürzester Zeit habe man die Mitarbeiter nicht nur auf einen anderen Kontinent, sondern auch in eine andere Welt verfrachtet.

Aber natürlich mitsamt Handy. Ein Golf-Kollege hat es beim Dinner im edlen Morjana-Restaurant auf dem Tisch liegen. Orientalische Musik beherrscht den Raum, eine Bauchtänzerin die Blicke der Männer. Als ganz sanft, als bewege er sich auf einem Luftkissen, ein Kellner an den Tisch tritt – ein besticktes Kisschen mit sich führend. In jenes legt er nun das Handy – und drapiert es auf dem Boden. Nichts soll das Tischarrangement stören, weder optisch noch akustisch. Das Handy ist dort unten – wie ein Hundi – gut aufgehoben.

Keine Frage: Fünf-Sterne-Golfen tagsüber, 1001 Nacht-Zauber abends – eine faszinierende Verbindung von Sport und Geheimnissen, welches dieses Beach & Golf Resort da am Atlantik bietet. Und der Golfcourse selbst wäre eigentlich entspannt zu spielen – wunderbar weite Wiesen und nicht allzu lange Bahnen. Aber: An etlichen Holes ist zwischen Abschlag und Aufschlag (Fairway) eine Rough-Bestie gesetzt – die die Bälle voller Gier schluckt und so gut wie niemals wieder herausrückt. Das auch in Europa stark verbreitete Ungeheuer heißt „Fetthenne“, ein Dickblattgewächs, welches die sensiblen Golfgemüter unter den jährlich 16.000 hier Aufteeenden bisweilen zur Verzweiflung bringt.

Banan in der Sahara

Anderer Tag, anderer Ort – Agadir. Wir stehen dort an Loch 1 des Golf du Soleil-Kurses, als Hassan sagt: „Isch bin kein Araber – isch bin Berber!“ Außerdem ist er unser Caddie. Denn in Marokko gehört es einfach zum guten Ton, mit Caddie zu spielen. Nicht zum überheblichen Ton des Ewig-gestrig-Kolonialisten. Sondern zum guten Ton des Sozialbewusstseins – etwas weniger geschwollen: um dem Arbeitsmarkt des Königreichs ein wenig unter die Arme zu greifen. 210 Euro beträgt der monatliche Durchschnittsverdienst in Marokko. Da sind 15 Euro – inklusive Trinkgeld – als Caddie-Salär sehr willkommen.

Ich schlage einen Slice. Für Nichtgolfer: Der Ball vollführt dabei den Flug einer Banane. „Oh – Banan!“, stöhnt Hassan. Meine „Banan“ landet im Bunker. „Oh – Sahara!“, fühlt Hassan mit. Hassan hofft: „Dass ich eines Tages nach Frankreich oder Deutschland komme“. Vielleicht als Greenkeeper-Assistent oder als Helfer eines Pros. Immerhin hat Hassan Handicap 5 – und weiß deshalb ganz genau, welche Putt-Linie für mich gut ist und welcher Schläger. „Isch bin kein Araber“, sagt Hassan, „isch bin Berber!“ Jaja Hassan, ich weiß. Die Berber sind das Ur-volk Marokkos. Ich dresche meine Banan aus der Sahara – unter irgendwelche Palmen. Hassan weiß genau wohin. Und eilt voraus. Als ich ihn etwas später erreiche, ist mein Ball längst besser gelegt und thront mittels eines im Jargon „Caddie-Tee“ genannten, handgedrehten Grasbüschels, perfekt zum Weiterspielen. Danke, Hassan!

Zefix und Inshallah

Ich schlage („Bravo, kein Banan!“) auf das Green von Loch 6, ins Blinde. Es fehlt die Fahne – geklaut von kleinen Jungs, die sie draußen, bei den staubigen Kick-Bolzplätzen, als Tore verwenden oder für eine Art Cross-Golf. „Das sind Araber-Kinder“, sagt Hassan. „Isch bin Berber.“ Die Greens sind schnell – wie eine Billardkugel zischt mein Ball am Loch vorbei. „Oh, zu viel Vitamina!“, weiß Hassan. Er spielt übrigens nicht nur Golf, sondern auch Fußball. Welche Position? „Ribéry!“ Und außerdem ist der Ribéry von Agadir auch noch der Eric Clapton von Agadir – heißer Gitarrist in einer Rockband. Vor mir liegt langes Wasser. Hassan, komme ich da mit dem 5er-Eisen drüber? Ich erwarte eine klare Antwort. Und erhalte sie: „Inshallah“, sagt Hassan. „So Gott will“. Gott will nicht. „Banana platsch“, sagt Hassan. Ich nicke. Und denke: „Zefix!“ Denn ich bin kein Araber – sondern Alpenländler.

Die Reisen fanden auf Einladung des Mazagan-Ressorts sowie des Marokkanischen Fremdenverkehrsamtes statt.

Abschlagen, Aufschlagen

Golf-Zentren:
Vier Zentren mit jeweils zwei bis neun Plätzen weist das nordafrikanische Land auf. Ihre Lagen:
Ganz oben, am Mittelmeer, bei Tanger.
Etwa in der Mitte, nahe der Königsstädte Fez und Rabat.
Im Süden, in Marrakesch, unweit des Atlas-Gebirges.
Und gleichfalls im Süden, im Atlantik-Strand-Paradies Agadir.
Einzelplatz:
Dazu gibt es als Einzelplatz jenen der im Text beschriebenen Mazagan-Anlage (siehe Foto).

Dieses (ausgesprochen: Maßagaaan) 5-Sterne-Beach & Golf Resort liegt fünf Kilometer von der Hafenstadt El Jadida (Unesco-Weltkulturerbe, sehr schöner portugiesischer Stadtkern!) und 90 Kilometer von Casablanca entfernt. Es ist dank eines Kids Clubs auch für Familien sehr geeignet.
Da die Nebenkosten auf der Anlage beachtlich hoch angesiedelt sind, empfiehlt sich, ein Pauschalarrangement zu buchen.
Näheres dazu unter
www.mazaganbeachresort.com


Information:
Im Speziellen zum Golfen in Marokko sowie zu Land, Leute und Tourismus im Allgemeinen unter
www.visitmorocco.com

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