Luftfahrt

Alitalia: Nach der zweiten Pleite droht der Bankrott

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Die Holding Atlantia der Unternehmerfamilie Benetton droht der Regierung in Rom mit dem Ausstieg aus dem Bündnis zur Rettung der angeschlagenen Airline. Die seit zwei Jahren insolvente Alitalia hängt damit voll in der Luft.

Es ist der sprichwörtliche Strohhalm, an den sich die alte und nun auch die neue italienische Regierung bei der Rettung der insolventen Alitalia klammert. Ein Konsortium aus der Atlantia-Holding, der staatlichen Bahngesellschaft FS, Delta Airlines und dem Wirtschaftsministerium sollten die Fluglinie, die Anfang Mai 2017 wieder Insolvenz anmelden musste, neu aufstellen. Sechsmal wurde bereits die Frist für einen verbindlichen Plan verlängert, zuletzt bis Mitte Oktober.

Jetzt sieht es allerdings so aus, als ob der Strohhalm knicken würde. Denn die Holding Atlantia im Besitz der Unternehmerfamilie Benetton droht der Regierung mit dem Ausstieg aus dem Bündnis. In einem Brief an die Regierung bemängelte Atlantia, dass noch kein klarer Plan für den Neustart der Fluggesellschaft entworfen worden sei.

Konzessions-Entzug droht

Die Atlantia-Holding hob erstmals in einem Schreiben hervor, dass sie sich nicht an der Alitalia-Rettung beteiligen würde, sollte die Regierung der AtlantiaTochter, der Autobahnbetreiberin ASPI (Autostrade per l'Italia), die Konzession für den Betrieb eines 3500 Kilometer langen Autobahnnetzes entziehen.  Die Regierungspartei "Fünf Sterne" droht damit, nachdem ASPI wird für den Brückeneinsturz in Genua im August 2018 verantwortlich gemacht wird, bei dem 43 Personen ums Leben gekommen sind. Gegen den vor zwei Wochen zurückgetretenen Atlantia- und ASPI-Chef Giovanni Castellucci laufen Ermittlungen wegen der Tragödie in Genua.

Die Reaktion aus Rom fiel entsprechend heftig aus. Man lasse sich nicht erpressen, sagte Vize-Industrieminister Stefano Buffagni, der der Fünf Sterne-Bewegung angehört.

Bisher ist in der Tat wenig zu den Sanierungsplänen bekannt geworden. Nur, dass FS und Atlantia je 35 Prozent an der neuen Alitalia halten sollen, weitere je 15 Prozent das Wirtschaftsministerium und Delta Airlines. Zudem seien Investitionen in der Größenordnung von einer Milliarde Euro vorgesehen.

Ob das Geld reichen wird, ist allerdings fraglich - so, wie die ganze Sanierung einmal mehr in der Luft hängt. Wobei Kritiker ohnedies anmerken, dass man Gutes Geld nicht schlechtem nachwerfen sollte. Das sei nämlich in der Vergangenheit schon zu oft passiert. Ohnedies hält der Staat mit einem Kredit über 900 Mio. Euro die Alitalia seit der letzten Insolvenz in der Luft. Was als nur vorübergehende Hilfe gedacht war, ist inzwischen zur Dauerlösung geworden - aber auch dieses Geld reicht nich ewig.

Die Alitalia - die Airline, die den Papst auf alle Auslandsreisen fliegen darf - hofft nicht nur diesmal auf ein Wunder, um den endgültigen Bankrott abzuwenden. Täglich fliegt die Airline rund zwei Mio. Euro ein - Verlust. Und sie hat gut drei Mrd. Euro Schulden.  Insgesamt hat der Staat - also in Wirklichkeit der italienische Steuerzahler - über viele Jahre rund acht Milliarden Euro in die Gesellschaft gebuttert.

Missmanagement und Streikorgien

Sie haben sich zwischen Missmanagement. Fehlplanungen, Politeinfluss und Streikorgien in Luft aufgelöst. Das erste Mal in der 72-jährigen Geschichte wurde es 2006/07 sehr eng. Nachdem die Regierung, die damals noch die Hälfte an der Alitalia besaß, 2007 bei Air France/KLM als Käufer für den Rest schon fündig geworden war, wendete sich das Blatt jäh, als zum einen die Gewerkschaften den Sanierungsplan ablehnten und zum anderen ein gewisser Silvio Berlusconi wieder an die Macht kam. Der "Cavaliere" überzeugte die neun Gewerkschaften letztlich mit einer "Abfindung" von mehreren Milliarden und trommelte statt Air France/KLM ein Konsortium aus italienischen Unternehmern und Banken zusammen. Die sprangen tatsächlich ein und die Fluglinie startete durch.

Schon 2013 ging das Geld wieder aus. Zuerst sprang die italienische Post ein, ein Jahr später kamen die Scheichs: Etihad aus Abu Dhabi übernahm 49 Prozent. Aber auch sie und die von ihnen neu eingesetzten Manager konnten das Steuer nicht herumreißen. Die angespannte Lage hinderte die Mitarbeiter mit Rückendeckung der Gewerkschaften nicht daran, wiederholt zu streiken. Anfang 2017 war es wieder soweit: Das Management hatte sich mit den Gewerkschaften zwar auf einen Rettungsplan geeinigt, der die Streichung von gut 1000 Jobs und Gehaltskürzungen vorgesehen hatte. Die Belegschaft lehnte den Plan aber ab - die neuerliche Insolvenz der Alitalia mit 11.000 Beschäftigten war unabwendbar. Seither wird nach Investoren gesucht.

Große Konkurrenz

Abgesehen von den hausgemachten Problemen befindet sich die Alitalia wie viele mittelgroße National-Airlines in der Zange zwischen den Premium-Anbietern Lufthansa, Air France/KLM und British Airways auf der einen und den Billigairlines auf der anderen Seite. Ryanair etwa hat inzwischen bereits einen größeren Marktanteil in Italien als der nationale Carrier mit den grün-roten Farben im Logo. Die Geschichte wiederholt sich also mit erschreckender Regelmäßigkeit. Ewig kann das Spiel aber so nicht weitergehen. Dazu reicht das Geld nicht. Das weiß auch die Regierung. Aber nach wie vor ist eine nationale Fluglinie mehr als eine Airline. Sie verkörpert auch den Nationalstolz, auch wenn sie noch so marod ist. Aber der ist in Italien ohnedies schon sehr angeknackst.

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