Die pragmatische Mitte der SPÖ zwischen ÖVP und Grün, könnte sie - wenn auch nicht zum trendigeren - so doch zum richtigeren Koalitionspartner machen.
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Grün (zumindest die Führungsmannschaft) will mitregieren, wird sich aber – einmal im Tal der Koalitionsarbeit angekommen - schwer tun. Aus zwei Gründen: Jedes größere Zugeständnis würde von der Basis als eine Kombination aus Verrat und Eintausch für Regierungsposition – bzw. Posten gesehen werden. Nicht dass auf beiden Seiten nicht guter Wille da wäre. Aber der Sprung von „nicht im Parlament vertreten“ zu „Regierungspartei“ birgt einfach Stress-Sprengstoff, auf den Kogler zu Recht auch hingewiesen hat. Die Koalitionskompromisse, die da notwendig wären, würden in beiden Regierungsparteien die jeweiligen Ränder belasten bzw. aktivieren. Und dort würde dann schon rechts die FPÖ und links die SPÖ lauern.
Wie überhaupt die äußerst gegensätzlichen Positionen in wichtigen Fragen innerhalb einer solchen Regierung in Kombination mit extrem gegensätzlichen Positionen von zwei großen Oppositionsparteien – die bezogen auf ihre Wählerbasis noch immer die Nummer 2 und Nummer 3 im Land sind – eher zentrifugale Kräfte freisetzen würde. Was das Auseinanderdriften von zwei so unterschiedlichen Koalitionspartnern dann in wichtigen Fragen weiter befeuern würde. Dieses Auseinanderdriften bzw. die Notwendigkeit ungeliebter Kompromisse innerhalb der Koalition würde wiederum die Opposition - von beiden Seiten her - zu noch extremeren Positionen verlocken.
»In schwierigeren Zeiten – und die stehen uns bevor - braucht ein Land und seine Gesellschaft aber keine Stärkung der Ränder, sondern Sammlung in der Mitte. «
Rudi Klausnitzer
In schwierigeren Zeiten – und die stehen uns bevor - braucht ein Land und seine Gesellschaft aber keine Stärkung der Ränder, sondern Sammlung in der Mitte. Das geht aber nur mit den Kräften, die sich eher in der Mitte als am Rand des politischen Spektrums sehen. Die pragmatische Mitte der SPÖ zwischen ÖVP und Grün, die ihr jetzt Wahlverluste einbrachte, könnte sie so vielleicht -wenn auch nicht zum trendigerem - so doch zum richtigeren Koalitionspartner machen. Und das Argument, dass man eine Partei, die sich in einer Regierung befindet nicht erneuern kann, hat Sebastian Kurz schon klar und eindeutig widerlegt. Er ist das beste Beispiel wie man vom Regierungsmitglied einer Koalition zum Partei-Erneuerer und vom Koalitions-Junior zum (Fast) Alleinregierer werden kann.
Eine echte Bauch gegen Kopf Situation also, denn der intuitive Zug zu Grün ist verständlich. Für die SPÖ ist mittelfristig die Situation nicht so schlecht, wie viele glauben. Entweder kann sie sich bei der nächsten Wahl als attraktive Alternative zum Kompromiss-Dilemma einer Schwarz-Grün Regierung positionieren, oder Regierungsmitverantwortung und Parteierneuerung kombinieren. Zumindest theoretisch möglich. Siehe Kurz.
Der Autor
Rudi Klausnitzer (*1948) ist seit 2007 selbstständiger Medienberater und Kommunikatonsexperte. Er startete seine journalistische Karriere beim ORF, 1987 wurde er Programmdirektion von Sat.1, 1993 wechselte er als Intendant zu den Vereinigten Bühnen Wien. 2001 folgte der Wechsel in die Geschäftsführung von „News“. Zuletzt erschien von ihm das Buch „Das Ende des Zufalles“. Er moderiert seit Kurzem die Frühstückssendung im Privatradio Antenne, alternierend mit Wolfgang Fellner.
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