Glaubensfrage

Wer fürchtet sich vor dem Mann in Weiß?

Die Furcht geht um, was Papst Franziskus bei der am Sonntag beginnenden Synode so plant.

Die Front gegen den Chef bröckelt. Sie existiert aber noch immer. Widerstand aus dem innersten Kreis „seiner“ vatikanischen Kurie ist Papst Franziskus mehr oder weniger seit Stunde eins seiner Wahl an jenem 13. März des Jahres 2013 vertraut. Hardliner in Soutane, die um ihren Einfluss, die katholische Kirche, den Glauben oder alles zusammen fürchten, gibt es genug.

Jedenfalls waren aber diesmal die Mahnungen vor dem Beginn der dreiwöchigen Beratungen im Vatikan nicht so ausgeprägt wie zuletzt. Mit Spannung erwartet – so lautet die geläufige Formulierung für derartige Treffen. Am Sonntag beginnt mit allem der katholischen Kirche verbliebenen Pomp die Amazonien-Synode mit einer Messfeier. Offizieller Titel des Meetings: „Amazonien – neue Wege für die Kirche und eine ganzheitliche Ökologie“. Dabei geht es in der vom Papst aus Südamerika angestoßenen Veranstaltung um die Probleme der indigenen Völker, immerhin drei Millionen Menschen, das Abholzen des Regenwaldes, die Art des Wirtschaftens und den Raubbau an Rohstoffen.

Kardinal Christoph Schönborn ist unter den 283 Teilnehmern, darunter alle Orts- und Weihbischöfe von neun Ländern der Region, wohl einer der Erfahrensten. Und: Ja, es sind auch Frauen dabei – genau 35, ohne Stimmrecht, weil es das Kirchengesetzbuch nicht zulässt. So viel dazu. Kirchenintern und gerade in Ländern wie Deutschland und Österreich interessiert weniger die erwartbare Kapitalismuskritik als eine andere Frage: Werden die Zulassungsbedingungen für Priester gelockert? Dürfen Männer, die verheiratet sind (und allenfalls Kinder haben), die Priesterweihe empfangen? Viri probati, bewährte Männern, wird das innerkirchlich ein wenig verschämt benamst.

Für Hardliner ist das ein No-Go. Zölibat sei gleichsam Teil der katholischen DNA, heißt es. Dabei sind (kirchenrechtlich erlaubt) verheiratete Priester so unbekannt nun auch nicht im katholischen Universum. Man erinnere sich an von der evangelischen Kirche konvertierte Geistliche, ehemalige Anglikaner und natürlich Mitglieder der mit Rom unierten Ostkirchen. Auch in Österreich sind selbstverständlich verheiratete Priester im Dienst.

Das Minimum, das für Beobachter vorstellbar wäre: Papst Franziskus öffnet die Tür für Viri probati. Andere fordern mehr, wollen die Rolle der Frau neu definiert und aufgewertet sehen, treten für Diakoninnen ein. So verständlich die Ungeduld ist, dieser Wunsch wird – jetzt – nicht erfüllt werden. Noch nicht. Gerade in einer Organisation wie der katholischen Kirche (aber nicht nur dort) ist es ratsam, Schritte bedächtig zu setzen, einen nach dem anderen. Alles Verständnis dafür! Nur, um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Die Schritte müssen im Sinn von Lebendig- und Glaubwürdigkeit aber dann auch tatsächlich gesetzt werden.

dietmar.neuwirth@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2019)

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