Pater Tom Uzhunnalil war für einen Kongress der Päpstlichen Missionswerke in Wien. Der Priester aus Indien war 557 Tage lang im Jemen in Geiselhaft.
Befreit

Die Geisel der Islamisten

Jemenitische Extremisten hielten Tom Uzhunnalil eineinhalb Jahre lang fest. Wo er sich befand, und wer seine Geiselnehmer waren, weiß der katholische Priester bis heute nicht.

Wenn die Augen nicht zu fest verbunden waren, und das war meistens der Fall, ließ sich die Nacht vom Tag unterscheiden. Denn die Augenbinde hat das Licht nie ganz blockiert, vielmehr kroch durch die Mulde zwischen Nase und Augen mickriges Tageslicht bis zu den geschlossenen Lidern durch. So saß, so lag Pater Tom Uzhunnalil die meiste Zeit da. Die Augen zu, allein in einem geschlossenen Raum, dessen Bau und Einrichtung er nie sah. Wenn der Pater die sanitären Anlagen aufsuchen musste, brachte ihn jemand bis zur Tür, und nur dort durfte er für kurze Zeit die Augenbinde abnehmen.

Gesehen hat der Salesianerpater in den 557 Tagen seiner Geiselhaft außer den Waschräumen nichts. Gehört hat er nur das Gemurmel und die fernen Gespräche seiner Geiselnehmer. Die Flugzeuge und die Bomben. Zum Zeitpunkt seiner Gefangennahme war der äußerst blutige Krieg im Jemen bereits voll im Gang. Tom Uzhunnalil hat zu keinem Zeitpunkt gewusst, ob er diese ihm unbekannten Räume jemals lebend verlassen wird. „Aber“, sagt er heute, „ich war nie depressiv, ich hatte keine Albträume.“ Mit geschlossenen Augen habe er stets gebetet – und die Gebete für ihn empfangen. Sein religiöses Urvertrauen habe ihn durch die Zeit getragen, als er in den Händen islamistischer Extremisten war.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.