Im Gespräch

Föttinger: "Theaterpassion aus dem Dornröschenschlaf wecken"

Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger.
Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Stolz auf die letzten 14 Jahre ist Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger. Eine Konkurrenzsituation mit dem Burgtheater unter dessen neuem Direktor Martin Kušej sieht er nicht. Doch wünscht er sich mehr Geld, um die Abgründe der österreichischen Seele zu erforschen.

Letzte Woche im Wiener Schauspielhaus: Ein bekannter deutscher Mime versucht, Andy Warhols legendäre Factory wiederzubeleben. Die Aktion besteht aus endlosen Monologen, in denen ein Zimmerbrunnen und Plakate aus Zeitungen eine Rolle spielen, nach 90 Minuten flieht die Rezensentin: Wieder so ein Fall von Theaterprobe als Theater und Trash zur Potenz.

Nichts gegen Avantgarde-Kapriolen, aber die Josefstadt ist ein sympathisches Kontinuum in der Wiener Bühnenlandschaft, allein die Schönheit und Eleganz des Hauses erfreut, auch wenn dort nicht immer Superlative stattfinden, man kann sich geborgen fühlen, ein bisschen. Wie geht es Herbert Föttinger nach den ersten Wochen mit der neuen Konkurrenz im Burgtheater, das Martin Kušej übernommen hat, der fürs Erste gemischt erfolgreich unterwegs ist und schon einige vor den Kopf gestoßen hat? Was wünscht sich der Josefstadt-Chef? „Die Realisierung der Josefstadt-Box als dritte Spielstätte mit 49 Sitzplätzen – als Hommage an die Kellertheater der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.“ Gibt's nicht schon genug oder gar zu viele Off-Bühnen in Wien? Föttinger: „Die Josefstadt-Box soll ein spezieller Ort des Widerstandes sein. Hier soll theatralen Mitteln der Empörung, die durch diverse gesellschaftliche und politische Umstände in uns allen hervorgerufen wird, Ausdruck verliehen werden. Es wird ein Ort für politisches Theater, das weh tut!“ Was erwartet Föttinger von der neuen Regierung? „Im Kleinen, dass die Leidenschaft für Theater und Kultur, die eventuell schon, aber wenn, dann sehr, sehr tief, in unserer alten Regierung geschlummert hat, aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt wird. Vielleicht wird die neue Regierung nicht nur dann auf das Theater aufmerksam, wenn es sich zu tagespolitischen Äußerungen hinreißen lässt. Das wäre schön. Im Großen erhoffe ich mir, dass eine eklatante Verschiebung von Populismus hin zum Humanismus stattfindet. Dass nicht mehr das Abschotten als gut und modern gilt, sondern die Nächstenliebe. Sie muss nicht christlich sein, nur menschlich. Und vor allem darf sie nicht definieren, dass mein Nächster nur sein kann, wer einen österreichischen Pass besitzt.“

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