Der Online-Bezahldienst PayPal verlässt das Libra-Aufsichtsratsgremium. Auch bei Visa und Mastercard soll die Begeisterung nachlassen. Grund ist die heftige Kritik an Libra.
San Francisco/San Jose/Menlo Park. Schwerer Rückschlag für die von Facebook geplante Digitalwährung Libra, die das soziale Netzwerk zusammen mit Partnerunternehmen lancieren will: Der Online-Bezahldienst PayPal verlässt das Libra-Aufsichtsgremium, die Libra Association mit Sitz in Genf. Allerdings werde PayPal das Projekt für das Digitalgeld weiterhin „unterstützend“ begleiten, erklärte das US-Unternehmen am Freitag in San Francisco.
Facebook will Libra im kommenden Jahr einführen und damit nach eigenen Angaben einerseits Bezahlvorgänge beschleunigen und andererseits rund einer Milliarde Menschen ohne Bankkonto einen Anschluss an Finanzflüsse erleichtern.
PayPal habe entschieden, seine Beteiligung an der Libra Association aufzugeben, erklärte das Unternehmen. In der Aufsichtsgesellschaft waren zunächst 28 Investoren vertreten. Dazu gehörten neben PayPal auch Visa und Mastercard, die laut einem Medienbericht jedoch ebenfalls ihre Beteiligung an dem Projekt überdenken wollen.
Die Libra Association reagierte mit einer Mischung aus Enttäuschung und Gelassenheit auf die Entscheidung von PayPal: „Um ein so ambitioniertes Projekt wie Libra anzugehen, sind Kühnheit und Tapferkeit erforderlich“, sagte der Kommunikationschef der Libra Association, Dante Disparte. Dazu sei „Entschlossenheit“ erforderlich – und die Libra Association ziehe es vor, „so früh wie möglich über einen Mangel an Entschlossenheit informiert zu sein.“
Facebook verspricht den Nutzern seiner Plattformen, das Einkaufen und Geldüberweisen im Internet werde durch Libra so einfach wie das Versenden einer Textnachricht. Zuletzt hatte es aber heftigen Gegenwind unter anderem seitens der G7-Finanzminister gegeben, die davor warnten, Libra könne das internationale Finanzsystem gefährden. Sie erklärten unter anderem, eine Währung gehöre nicht in die Hände eines Privatunternehmens.
Angst vor Geldwäsche
Apple-Chef Tim Cook sagte der französischen Wirtschaftszeitung „Les Echos“, Währungen sollten „in der Hand von Staaten“ bleiben. Er fühle sich „nicht wohl bei dem Gedanken, dass ein Privatunternehmen eine Währung herausgibt“, fügte Cook hinzu. Als mögliche Gefahren bei der Einführung einer Digitalwährung wie Libra gelten Lücken im Datenschutz, mangelnder Investorenschutz, Geldwäsche und Terrorfinanzierung.
Facebook weist Einwände von Aufsehern zurück, wonach Libra in die Hoheit von Notenbanken eingreifen könnte. Bei der Digitalwährung werde kein neues Geld ausgegeben, was Staaten vorbehalten bleibe, betonte Topmanager David Marcus. Libra soll nach bisherigen Plänen eins zu eins mit einem Korb stabiler Währungen und Staatsanleihen abgesichert werden.
Politiker und Regulierer fürchten aber, dass der Fonds angesichts der enormen Nutzerzahlen von Facebook zu Verwerfungen auf den Geldmärkten führen könnte. Denn Facebook könnte auf diese Weise indirekt zu einem der größten Gläubiger von Staatsanleihen werden.
Nach den Vorstellungen von Facebook soll Libra zunächst vor allem bei grenzüberschreitenden Überweisungen zum Einsatz kommen, später aber auch zum Bezahlen von Käufen sowohl online als auch im Geschäft. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2019)