Deutscher Bundespräsident Köhler tritt zurück

Deutscher Bundespraesident Koehler tritt
Deutscher Bundespraesident Koehler trittHorst Köhler bei seinem Rücktritt mit Tränen in den Augen (c) EPA (Wolfgang Kumm)
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"Wegen mangelndem Respekt gegenüber dem Amt" tritt Horst Köhler mit sofortiger Wirkung zurück. Hintergrund für den Rücktritt ist seine umstrittene Äußerung zum Afghanistan-Einsatz.

Der deutsche Bundespräsident Horst Köhler hat in einem historisch einmaligen Schritt seinen Rücktritt erklärt. Hintergrund sind umstrittene Äußerungen des Staatsoberhaupts über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan (Rücktritts-Erklärung im Wortlaut).

Die Unterstellung, er habe einen grundgesetzwidrigen Einsatz der Bundeswehr zur Sicherung von Wirtschaftsinteressen befürwortet, entbehre jeder Rechtfertigung, sagte Köhler am Montag in Berlin. Das lasse den notwendigen Respekt vor dem höchsten Staatsamt vermissen.



Köhler sagte, er habe Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD) über seinen Schritt informiert. Böhrnsen übernimmt vorübergehend die Amtsgeschäfte. Der Bundesrat ist die Länderkammer in Deutschland. Sein Präsident ist protokollarisch der zweite Mann im Staat.

Tränen in den Augen

Horst Köhler und seine Gattin kurz vor seinem Rücktritt
Horst Köhler und seine Gattin kurz vor seinem Rücktritt(c) Reuters (Fabrizio Bensch)
Horst Köhler und seine Gattin nach seinem Rücktritt
Horst Köhler und seine Gattin nach seinem Rücktritt(c) Reuters (Fabrizio Bensch)

Köhler sprach seine kurze Rücktrittserklärung in seinem Amtssitz Schloss Bellevue. An seiner Seite stand Ehefrau Eva Luise. Beim Verlesen der kurzen Erklärung standen dem Staatsoberhaupt Tränen in den Augen. Streckenweise versagte ihm die Stimme.


Köhler hatte Auslandseinsätze der Bundeswehr auch mit der Wahrung deutscher Wirtschaftsinteressen begründet und damit eine heftige Debatte ausgelöst. Später ließ er seine Äußerungen präzisieren. Ein Sprecher sagte in der vergangenen Woche, die Afghanistan-Mission sei nicht gemeint gewesen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Freitag über eine Sprecherin deutlich gemacht, dass sie zu den Äußerungen Köhlers keine Stellung nehmen will. Im übrigen habe Köhler seine Äußerungen präzisieren lassen. "Und dem ist nichts hinzuzufügen."

Bürgermeister übernimmt Präsidenten-Aufgaben

Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen vorübergehend der erste Mann im Staat.
Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen vorübergehend der erste Mann im Staat.(c) AP (Fabian Bimmer)

Köhlers umstrittene Interview-Äußerungen

Köhler bei seinem jüngsten Afghanistan-Einsatz
Köhler bei seinem jüngsten Afghanistan-Einsatz(c) Reuters (Arnd Wiegmann)

Nach dem Rücktritt von Köhler ist der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen vorübergehend der erste Mann im Staat. Das geht aus Artikel 57 des Grundgesetzes hervor, wonach der Präsident des Bundesrates den Bundespräsidenten "bei vorzeitiger Erledigung des Amtes" vertritt. Böhrnsen ist zur Zeit Bundesratspräsident.

Köhler informierte Böhrnsen am Montagmittag über den geplanten Rücktritt, wie der Bremer Senatsprecher mitteilte. Böhrnsen selbst erklärte: "Köhler hat mir erklärt, dass er vor dem Hintergrund der öffentlichen Interpretation seiner Äußerungen zum Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan den Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten für unvermeidlich gehalten hat. Ich habe ihm meinen Respekt für seine Entscheidung ausgedrückt."

Böhrnsen sagte, Köhler habe "in seiner Amtszeit der Freien Hansestadt Bremen eine ganz besondere Sympathie entgegengebracht". Er fügte hinzu, er sei "als Bürger und Bremer" traurig über den Schritt. Nach Artikel 54 des Grundgesetzes muss ein neuer Bundespräsident innerhalb von dreißig Tagen nach dem Rücktritt gewählt werden.



In einem Interview mit dem "Deutschlandradio Kultur" am 22. Mai nach einem Besuch bei deutschen Soldaten in Afghanistan sagte Ex-Präsident Köhler:

"Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. Alles das soll diskutiert werden und ich glaube, wir sind auf einem nicht so schlechten Weg."

(APA/dpa)

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