Serverfarm

Das Darknet-Rechenzentrum im Ex-Nato-Bunker

APA/AFP/dpa/THOMAS FREY
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In Rheinland-Pfalz wurde ein Darknet-Rechenzentrum von der Polizei mit Hunderten Einsatzkräften zerschlagen. Schauplatz: Ein von der Bundeswehr verkaufter Bunker.

Das Darknet ist längst nicht mehr, wofür es ursprünglich gedacht war. Statt zur sicheren Kommunikation in totalitären Regimen ist es nun das Zuhause von Drogenhändlern, Waffenschiebern, von Kinderpornografie und anderen kriminellen Dingen. „Wall Street Market“, „Cannabis Road“, „Fraudsters“ und auch der Telekom-Router-Angriff 2016 soll über die Server des Rechenzentrums „Cyberbunker" in Rheinland-Pfalz gelaufen sein.Der weltweit zweitgrößte Darknet-Marktplatz „Wall Street Market“, der bereits im Frühjahr 2019 zerschlagen wurde, war von diesem Rechenzentrum betrieben worden. Nachdem Ende September mehrere Hundert Einsatzkräfte sieben Personen festnahmen, werden immer mehr Details zur Firma und deren Geschäftsgebaren bekannt. "Alles, was man sich im Darknet vorstellen kann", sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Trier, soll über diese Serverfarm gelaufen sein.

Dabei handelt es sich nicht um einen Keller in einem Einfamilienhaus im Nirgendwo. Das Gebäude erhielt der 59-jährige Niederländer 2013 vom deutschen Staat. Der Bunker des ehemaligen Amts für Wehrgeophysik sollte geschlossen werden und da die Instandhaltung mit immens hohen Kosten verbunden war, entschied man sich für einen schnellen Verkauf.

Zwei Angebote gab es 2013, darunter von einem Niederländer, der den Zuschlag erhielt. Für den Betrieb eines Rechenzentrums.  350.000 Euro kostete ihn der Bunker. Für den „Cyberbunker"-Chef, der sich in seiner niederländischen Heimat als „Technoanarchist“ bezeichnete, ein lukrativer Deal. Viel von der benötigten Infrastruktur war bereits vorhanden. Schon kurz nach der Übernahme wurden Erdwälle aufgeschüttet und ein Sicherheitsdienst engagiert. Dieser hatte auch andere Aufgaben. Darunter auch die Annahme von Geldkuverts von Kunden. Denn auch diese Form der Bezahlung der monatlichen Servergebühren wurde akzeptiert. So wie Bitcoin oder Western-Union-Zahlungen.

Stets warb das Unternehmen einem Spiegel-Bericht zufolge, nur an der Bezahlung im Voraus interessiert zu sein. Für die Geschäfte der Kunden interessierte man sich nicht. So der offizielle Standpunkt des Unternehmens. Denn juristisch sind nur die Betreiber einer Webseite für deren Inhalt zur Verantwortung zu ziehen. Nicht jene, die die Infrastruktur zur Verfügung stellen.

Betreiben des Rechenzentrums nicht illegal

„Die Untersuchungen werden angesichts der Vielzahl an sichergestellten Servern und der daraus resultierenden Datenmenge auch noch einige Zeit andauern“, sagte heute Oberstaatsanwalt Jörg Angerer von der Landeszentralstelle Cybercrime der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz. Nach jahrelangen Ermittlungen muss nun aber den 13 Personen nachgewiesen werden, dass sie tatsächlich über das „illegale Verhalten der Kunden“ Bescheid wussten und „dieses auch förderten“. Mit Hilfe der konfiszierten Daten soll das nun auch gelingen. Das Durchforsten wird aber dauern, denn die Ermittler sitzen nun vor einem riesigen Haufen an Material.

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Ursprünglich war das Darknet dazu geschaffen worden, um sichere Kommunikation zu ermöglichen. Anonymität wird damit ermöglicht. In Ländern wie China, Syrien oder Marokko bedeutet das Darknet einen sicheren, digitalen Raum für Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Widerstandskämpfer. Nicht die Anonymität ist kriminell, sie zieht auch Kriminelle an. Und mit der Zeit hat sich dort eine eigene Szene etabliert, die neben Drogen auch "Crime as a Service" anbieten. Man kann Verbrechen bestellen, wie Klopapier auf Amazon.

(bagre)

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