Gastkommentar

Der Amazonas als Labor für Deutschland

Peter Kufner
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Die Amazonas-Synode und der deutsche „synodale Weg“ alsVersuchsstationen für eine vermeintlich modernitätsverträgliche Kirche.

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Am Sonntag hat in Rom die sogenannte Amazonas-Synode der Katholischen Kirche begonnen. Aus Österreich nimmt der Erzbischof von Wien daran teil. Er ist zwar kein wirklicher Amazonas-Experte, wurde aber wegen seiner Erfahrung als Teilnehmer von kirchlichen Synoden beigezogen. Am ersten Adventsonntag wird in Deutschland der auf zwei Jahre angelegte „synodale Weg“ der Kirche beginnen. Die beiden Ereignisse haben mehr miteinander zu tun, als man auf den ersten Blick meinen könnte. In beiden geht es um eine bestimmte Reformagenda für die Kirche und sie sind durch die führenden Personen der Veranstaltungen vernetzt. Die Organisation Repam, die die Synode organisiert, wird von den deutschen kirchlichen Hilfswerken Misereor und Adveniat finanziert.
Die Amazonas-Synode und ihre Ergebnisse sollen den Weg für die deutsche Synode bereiten, aber auch das Modell für die Kirche überhaupt werden. Im Vorbereitungsdokument (Instrumentum laboris) ist das offen gesagt. Es wünscht sich ein Kirche, die „von Mensch und Natur in Amazonien her denkt“. Man solle die Botschaft des christlichen Glaubens „von Mensch, Kulturen und der Mitwelt Amazoniens her verstehen“. Warum nicht beispielsweise von Mensch, Kultur und der „Mitwelt“ von Sao Paulo, möchte man fragen, wo zehn Mal so viele Menschen wohnen?
„Amazonien“ als das Einzugsgebiet des Flusses definiert, ist eine Region von 7,9 Millionen km2 in neun Staaten und nur von 3.5 Millionen Menschen bewohnt, unter denen die etwa 390 einheimischen Völker nur eine winzige Minderheit sind. Mit ihnen beschäftigt sich das Instrumentum laboris aber hauptsächlich. Die Ribeirinhos, die mit Abstand größte Bevölkerungsgruppe der Region, die entlang der Flüsse von Fischerei oder kleinbäuerlicher Landwirtschaft lebt, und die zahlreichen Afro-Amazonier werden zwar erwähnt, aber nicht besonders beachtet. Die Eingeborenen, die im Vorbereitungsdokument verräterisch „indigene Subjekte“ (IL 123) genannt werden, stellen allerdings auch nur eine Handvoll der 180 Delegierten.
Die Synode soll über neue Formen von Seelsorge in Gebieten mit wenigen Priestern beraten, die Rechte von Eingeborenen stärken und die ökologische Situation der arten- und rohstoffreichen Region „in den Blick nehmen“, was immer das bedeuten mag. Mit „neuen Formen der Seelsorge in Gebieten mit wenigen Priestern“ ist vor allem gemeint, „viri probati“, bewährte Männer, ob verheiratet oder nicht, zu Priestern zu weihen. Damit würde eine Bresche in die Zölibatsverpflichtung in der lateinischen Kirche geschlagen, was ganz im Sinne der deutschen Hintermänner der Synode wäre. Es gibt allerdings Bischöfe in Amazonien, die das für eine Kurzschlussreaktion halten. Das eigentliche Problem sei nicht der Priestermangel, sondern dass viele nominelle Katholiken wenig mit dem Christentum zu tun hätten, sagt der brasilianische Bischof José Luis Hermoso und formuliert es biblisch: Einen neuen Fleck auf ein altes Kleid nähen. Es gehe überhaupt erst um die Verkündigung des christlichen Glaubens.

Im Instrumentum laboris wird die Welt der Amazonas-Völker mythologisch verklärt und mit einer westlichen Öko-Theologie verbunden. „Es ist die vergebliche Anstrengung, das Christentum durch Sakralisierung des Kosmos und der Natur zu einer Heilswissenschaft zu machen“, urteilt der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation Kardinal Gerhard Müller. Die Kirche biedere sich der Ökologiebewegung an „naturreligiöse Lobby“ an und verliere dabei ihre Identität.

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