Ein Schrei gegen Verschwendung!

Der ORF macht Werbung zum Schleuderpreis. Private steigen auf die Barrikaden!

ORF-General Alexander Wrabetz drängt die Politik zur Eile: Wenn das ORF-Gesetz nicht im Juni beschlossen werde, verzögere sich die Vergabe der erhöhten Investitionen in die Filmwirtschaft, es könne dann im Herbst nicht schon mit geplanten Produktionen begonnen werden. Also bitte etwas flotter!

Es ist schon erstaunlich, mit welchem Selbstverständnis der Öffentlich-Rechtliche und seine Vertreter ihre Forderungen in die Welt stellen. Da steckt ein Rest monopolistischer Größenwahn dahinter, wenn darauf hingewiesen wird, dass durch die Digitalisierung der Konkurrenzdruck steigt. Willkommen im neuen Jahrtausend! Doch während in allen Ressorts quer durch die Bank gespart wird und die Bevölkerung noch gar nicht weiß, um wie viele Löcher ein jeder seinen Gürtel enger schnallen muss, fordert der ORF die möglichst rasche Auszahlung der Gebührenrefundierung (die kriegt er erst, wenn das Gesetz durch ist). Über vier Jahre werden es in Summe 160Millionen Euro sein – dazu kommen die Gebühreneinnahmen von jährlich über 500 Millionen Euro.

Und was macht der ORF mit dieser großzügigen öffentlichen Zuwendung? Er schickt das RSO nicht in die Wüste, er wird 95 statt 70 Millionen Euro in Auftragsproduktionen stecken etc., etc., etc. Gut so. Und was noch? Er macht privaten Unternehmen Konkurrenz.

Wie das? Der Verband österreichischer Privatsender (VÖP) ist auf eine erstaunliche Diskrepanz zwischen dem von Focus errechneten Brutto-Werbevolumen laut Tarifliste und den tatsächlichen ORF-Werbeumsätzen gestoßen. Laut VÖP klafft eine Lücke von etwa 30Prozent beim Radio und fast 50 Prozent beim Fernsehen – so viel Rabatt gewährt der ORF seinen Werbekunden. Er macht also – dank der hohen Gebühreneinnahmen – privaten Unternehmen staatlich geförderte Konkurrenz. Der VÖP prüft nun, ob man dagegen nicht juristisch vorgehen sollte – es stehen der Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs, des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und ein möglicher Konflikt mit dem EU-Recht im Raum. In Brüssel würde man die Frage stellen, ob der ORF solche Rabatte geben könnte, wenn er keine staatlichen Beihilfen hätte (und als solche gelten Gebühren).

Doch der juristische Weg ist lang. Deshalb wollen die Privatradios ihre Hörer gegen diese ihrer Meinung nach „unglaubliche Geldverschwendung“ von 160Millionen Euro mobilisieren. Wer nicht laut genug schreit, wird nicht gehört. Der ORF exerziert das vor: Er stellt eine Forderung nach der anderen in den Raum (mehr Geld, mehr Online-Werbezeit, Regionalwerbung im Bundesländer-TV...) und hat damit Erfolg. Also: Einmal laut schreien, bitte!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2010)

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