Neues Verständnis

Luxus im Wandel der Zeit

(c) Eva Al Desnudo/Gestalten
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Luxus ist längst nicht mehr gleichbedeutend mit Teurem und Glänzendem. Ein neues Verständnis steht für einen aktiven Lebensstil oder gleich gar nichts Materielles.

Von einer eher passiven, mit dem notwendigen Kleingeld unterfütterten Konsumhaltung hin zu einem aktiven Lebensstil; vom bloßen Besitzenkönnen hin zu einer bewussten kulturellen Praxis mit entsprechendem Hintergrundwissen: So habe sich, gemäß einer Analyse der einflussreichen Website Highsnobiety, in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Auffassung von Luxus verändert. In dem um viele Texte erweiterten Highsnobiety-Bildband „The New Luxury" (Gestalten Verlag) wird einleitend diskutiert, welchen Parametern dieses neu ausverhandelte Konzept folge. Natürlich geht es weiterhin um das Habenwollen und Sich-leisten-Können, in den Ausführungen dieser Beobachter der internationalen Modeszene ist der folgende aber wohl ein Kernsatz: „Man muss kein Millionär sein, um ein luxuriöses Leben führen zu können." Millennials und Angehörige der noch jüngeren „Gen Z", die in absehbarer Zukunft die überwiegende Mehrheit der Konsumenten von Luxusgütern darstellen werden, haben andere Vorstellungen von ultimativ Erstrebenswertem als vorangehende Generationen. Kooperationen mit aufstrebenden Künstlern und Kreativtalenten, „Street-Credibility", der Einsatz für Belange der Nachhaltigkeit: Das gehört auf die Checkliste von Marken, die nicht in zehn bis fünfzehn Jahren Schwierigkeiten haben wollen, ihre Produkte abzusetzen.

Flexibel. Verständnis für kulturelle Codes ist Teil eines „New Luxury“-Konzepts. Hier: ein Look von Moncler.
Flexibel. Verständnis für kulturelle Codes ist Teil eines „New Luxury“-Konzepts. Hier: ein Look von Moncler.(c) Eva Al Desnudo/Gestalten

Der Kühlschrank als Luxusgut. Zu ähnlichen Schlüssen, wenngleich mit größerem kulturwissenschaftlichen Aufwand, gelangt die Ausstellung „Purer Luxus" im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig. Sie zeichnet chronologisch ab der Nachkriegszeit die Entwicklung nach, die der Begriff in der BRD und phasenweise auch der DDR durchlief. Den Schlusspunkt machen auch hier Betrachtungen einer gegenwärtig zumindest in Einzelaspekten eher postmateriell ausgerichteten Vorstellung von Luxuriösem und Begehrenswertem. „Eine zentrale These der Ausstellung ist, dass die Wahrnehmung von Luxus zeitabhängig ist. Außerdem zeigen wir, wie in Ost- und Westdeutschland die Auffassungen ab der Nachkriegszeit völlig unterschiedlich waren", sagt die Projektverantwortliche des Forums, Iris Benner. Ausgehend von Exponaten, die der Gegenwart entstammen und eine sehr leicht verständliche Bling-Bling-Ästhetik repräsentieren – seien es nun vergoldete Toiletten oder ein kristallbesetzter Einkaufswagen –, spannt „Purer Luxus" den Bogen zurück in die Nachkriegszeit. „Was früher Luxus war, soll für alle erschwinglich werden, lautete eines der Versprechen von Ludwig Erhard", unterstreicht Benner mit Verweis auf den CDU-Politiker, der als Vater des deutschen Wirtschaftswunders tituliert wurde. „Im Fall der BRD war das damals ein Kühlschrank, der bald in jedem Haushalt zu finden sein sollte", so die promovierte Kunsthistorikerin. „Luxus definiert sich als Abweichung von einem Standard. Entscheidend ist, wie im Wandel der Zeiten dieser Standard neu definiert wird."

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