Syrien

Nach Aufstand der Republikaner rudert Trump zurück

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Symbolbild. (c) APA/AFP/BRENDAN SMIALOWSKI (BRENDAN SMIALOWSKI)
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Nach heftiger Kritik will Weißes Haus nichts mehr wissen von einem Totalabzug.

New York. Da scheint einiges schiefgelaufen zu sein in der Kommunikation, und so lud das Weiße Haus in der Nacht auf Dienstag Journalisten zu einem telefonischen Hintergrundgespräch ein. Die USA würden sich keineswegs aus Syrien zurückziehen, verkündete ein Mitglied der Regierung von Präsident Donald Trump. Tatsächlich würden „lediglich 50 bis 100 Spezialeinheiten“ innerhalb des kriegsgeplagten Landes verlegt werden.

Freilich: An der Tatsache, dass Trump dem türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, de facto grünes Licht für eine Offensive gegen die Kurden im Norden Syriens gegeben hat, ändert das nichts. Mit dem Rückzug der paar Dutzend Sondertruppen von dem Sicherheitsstreifen an der Grenze zur Türkei senden die USA eine Nachricht: Europa und die Türkei müssen sich um die dort gefangenen 12.000 Kämpfer des Islamischen Staats (IS) kümmern. Washington will nicht länger allein Weltpolizist spielen.

Dabei zeigt sich einmal mehr, dass Trump mit seiner Syrien-Politik auch in seiner eigenen Partei für heftige Unruhe sorgt. Nahezu unisono sprachen sich die einflussreichsten Republikaner gegen einen Rückzug aus Syrien aus. Mitch McConnell, der Anführer im Senat, forderte den Präsidenten auf, seine Position zu überdenken, und wies auf die Gefahr einer Stärkung des IS hin. Außerdem: Von einem US-Abzug würden vor allem der Iran, Russland und Bashar al-Assads Regime profitieren.

Trump steckt nun in der Zwickmühle. Er hat seinen Wählern versprochen, amerikanische Truppen heimzuholen, und wird nicht müde zu betonen, dass er eine US-Präsenz in Kriegsregionen wie Syrien für eine „Verschwendung“ hält. Gleichzeitig ist er wie nie zuvor auf die Unterstützung von Senatoren wie McConnell oder Lindsey Graham angewiesen. Drehen sie dem Präsidenten den Rücken zu, steigt die Chance, dass die Demokraten um Nancy Pelosi mit ihrem angestrebten Verfahren zur Amtsenthebung Erfolg haben werden.

Weil die meisten alteingesessenen Republikaner im Senat Fans einer interventionistischen US-Außenpolitik sind, versucht das Weiße Haus nun rhetorisch zurückzurudern. Per Twitter warnte Trump Erdoğan davor, den teilweisen US-Rückzug für ein Blutbad gegen die Kurden zu nützen: Sollte Ankara Aktionen setzen, die er für tabu erachte, würde Trump die türkische Wirtschaft „zerstören und auslöschen“, schrieb er.

Dabei wären dem Kongress die Hände gebunden, wenn Trump alle US-Truppen aus Syrien heimholen würde. Derartige Entscheidungen schreibt die Verfassung grundsätzlich dem Exekutivarm zu, mithin dem Weißen Haus und dem Verteidigungsministerium.

Angst vor Amtsenthebung

Allerdings könnten die Gesetzgeber dem Präsidenten im Gegenzug auch gegen dessen Veto mit einer Zweidrittelmehrheit Gelder für andere Vorhaben streichen: vom Bau einer Grenzmauer bis zur Entwicklung einer Weltraumarmee. Und natürlich könnten sie Trump drohen, einer Amtsenthebung grünes Licht zu geben.

Folglich wird sich Trump vor einem kompletten Abzug aus Syrien ohne den Segen seiner Parteikollegen hüten und eine komplizierte Kommunikationslinie verfolgen. Er wird versuchen, den partiellen Rückzug als eingelöstes Wahlversprechen zu verkaufen, ohne dabei die mächtigen Senatoren zu sehr zu verärgern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2019)

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