Alitalia

Nach den Pleiten droht der Bankrott

Ein Rettungsplan für die insolvente Fluglinie ist noch immer nicht in Sicht.

Rom. Wie wehrt sich die Belegschaft eines maroden Unternehmens in Italien gegen drohende Unbill? Mit einem Streik, was sonst. Gestern, Mittwoch, war es wieder so weit: Die Beschäftigten der Alitalia legten ihre Arbeit nieder, um gegen die ungewisse Zukunft zu protestieren. 200 Flüge mussten gestrichen werden.

Seit eineinhalb Jahren klammern sich die 11.000 Mitarbeiter – und auch die Regierung, für die die Rettung der insolventen Alitalia eine Prestigefrage ist – an einen Strohhalm. Ein Konsortium aus Atlantia-Holding, staatlicher Bahngesellschaft FS, Delta Airlines und Wirtschaftsministerium soll die Fluglinie, die Anfang Mai 2017 Insolvenz anmelden musste, neu aufstellen. Sechsmal wurde die Frist für einen verbindlichen Plan verlängert, zuletzt bis 15. Oktober.

Nun droht der Strohhalm zu knicken. Die Holding Atlantia der Familie Benetton drohte vor Kurzem mit dem Ausstieg. In einem Brief an die Regierung bemängelte Atlantia, dass noch kein klarer Plan für den Neustart der Fluglinie entworfen worden sei. Überdies werde man sich nicht an der Alitalia-Rettung beteiligen, sollte die Regierung der Atlantia-Tochter, der Autobahnbetreiberin ASPI, die Konzession für den Betrieb eines 3500 Kilometer langen Autobahnnetzes entziehen. Damit hat die Regierungspartei Fünf Sterne nach dem Brückeneinsturz in Genua gedroht. Gegen den zurückgetretenen Atlantia- und ASPI-Chef, Giovanni Castellucci, wird ermittelt.

Lufthansa wieder im Spiel?

Die Reaktion aus Rom sagt alles über Industriepolitik „made in Italy“, die sich auch in den wiederholten – vergeblichen – Rettungsversuchen der Alitalia manifestiert. Die Lage sei „kompliziert“, ließ Ministerpräsident Guiseppe Conte wissen. Es sei inakzeptabel, Alitalia und die Autobahn zu vermischen.

Faktum ist, dass der Kredit über 900 Mio. Euro, mit dem der Staat die Alitalia in der Luft hält, nicht ewig reicht. Geld soll das Konsortium bringen, von dem bisher nur bekannt ist, dass FS und Atlantia je 35 Prozent, das Wirtschaftsministerium und Delta Airlines je 15 Prozent halten sollen. Die Rede war von einer Mrd. Euro. Überraschend wurde jetzt die Lufthansa, die schon früher genannt wurde, aber regelmäßig dementiert hat, wieder ins Spiel gebracht.

Wobei Kritiker warnen, gutes Geld nicht schlechtem nachzuwerfen. Das sei schon zu oft passiert. Insgesamt hat der Staat – in Wirklichkeit der italienische Steuerzahler – rund acht Mrd. Euro in die Gesellschaft gebuttert. Sie haben sich zwischen Missmanagement, Fehlplanung, Politeinfluss und Streikorgien in Luft aufgelöst.

Schon mehrfach wurde es eng, 2006/07 besonders. Wieder einmal lehnten die Gewerkschaften einen Sanierungsplan ab. Silvio Berlusconi, gerade an die Macht gekommen, trommelte ein Konsortium aus Unternehmern und Banken zusammen. 2013 ging das Geld wieder aus. Zuerst sprang die Post ein, ein Jahr später übernahm Etihad aus Abu Dhabi 49 Prozent. Anfang 2017 lehnte das Personal den neuen Sanierungsplan ab – die nächste Pleite war fix. Seither hofft nicht nur Papst Franziskus, der immer Alitalia fliegt, auf ein Wunder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.10.2019)

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