Justizministerium

Bezirksgerichte vor Schließung? Pläne in Justiz-Papier schlagen Wellen

PRESSEKONFERENZ ZUR CAUSA BVT: MOSER
PRESSEKONFERENZ ZUR CAUSA BVT: MOSERAPA/HERBERT NEUBAUER
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Ein „internes Arbeitspapier“ aus der Zeit von ÖVP-Minister Josef Moser betrifft Standorte in ganz Österreich. Aus den Ländern gibt es Kritik.

Schließungspläne von Bezirksgerichten in einem internen Papier des Justizministeriums haben am Donnerstag Wellen geschlagen. Aus dem Justizministerium hieß es, dass es sich dabei lediglich um ein "internes Arbeitspapier" handle.

Konkrete Pläne gebe es keine, so Ministeriumssprecherin Britta Tichy-Martin: "Das ist unter der Übergangsregierung kein Thema." Überhaupt hätte man - stünden Schließungen bevor - zuerst den Kontakt zu den betroffenen Ländern und den Institutionen gesucht.

Kein Thema für Übergangsregierung

Die Arbeitsgruppe sei noch unter Ex-Justizminister Josef Moser (ÖVP) ins Leben gerufen und mit Experten aus dem Justizbereich besetzt worden. Diese hätten den Auftrag gehabt, ein Papier zu erarbeiten, wie eine Strukturreform ausschauen könnte, bzw. einzelne Bereiche effizienter gestaltet werden könnten. Das Papier liege schon seit längerem vor. Jedenfalls seien die Pläne für den derzeitigen Justizminister Clemens Jabloner "kein Thema", so Tichy-Martin.

Bezirksgerichte in allen Ländern mit Ausnahme der Bundeshauptstadt Wien wären dem Papier nach von Schließungen betroffen. In Kärnten sollen fünf von elf, in Tirol fünf von 13 Standorten geschlossen werden. Verhältnismäßig geringere Auswirkungen hätten die Pläne für Ober- und Niederösterreich, gibt es in diesen beiden großen Länder doch viel mehr Bezirksgerichte.

Argumentiert wird in dem internen Papier, "dass eine moderne, den Interessen und Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger verpflichtete Justiz den sich aus der zunehmenden Digitalisierung ergebenden Anforderungen gerecht werden und die dabei entstehenden Synergieeffekte nutzen muss". Dies lasse sich nur mit einer "grundlegenden Strukturreform bewerkstelligen".

Bezirksgerichte werden zusammengelegt

Konkret heißt das, dass Bezirksgerichte in allen Bundesländern - außer in Wien - zusammengelegt werden sollten. Im Burgenland würden etwa Standorte in Mattersburg und Oberpullendorf wegfallen, das sind immerhin zwei von bisher sechs. Für Niederösterreich wird in dem Papier vorgeschlagen, vier von 26 Standorten zu schließen und zwar Bruck an der Leitha, in Scheibbs, Lilienfeld und Gmünd.

In der Steiermark wären drei von 15 Bezirksgerichten von der Zusammenlegung betroffen: Mürzzuschlag, Murau und Schladming. Für Kärnten werden Feldkirchen, Hermagor, Ferlach, Bleiburg und Eisenkappel vorgeschlagen. In Oberösterreich wäre nur Eferding betroffen - eines von insgesamt 18 Bezirksgerichten. In Salzburg würden drei Bezirksgerichte von derzeit acht - Neumarkt, Oberndorf und Thalgau - zum neuen Standort "Seekirchen/Wallersee" fusionieren.

Stark betroffen wäre auch Tirol. Das Papier sieht die Schließung der Bezirksgerichte in Telfs, Landeck, Silz, Zell am Ziller und Rattenberg vor. In Vorarlberg würde laut dem Arbeitspapier nur ein Standort von allerdings derzeit bloß vier schließen, nämlich Bezau.

Moser: „Gerichtswesen weiterentwickeln“ 

Moser ließ am Donnerstagabend wissen, dass Schließungen nicht expliziter Auftrag gewesen seien: Vielmehr habe die Arbeitsgruppe versucht, das Gerichtswesen in Österreich generell weiterzuentwickeln. Moser verwies zudem auf den Umstand, dass er nicht mehr im Amt gewesen sei, als im Juli der Endbericht der Gruppe präsentiert worden sei.

Der Kärntner FPÖ-Chef, Gernot Darmann, übte indes Kritik an dem Endbericht der "Arbeitsgruppe Gerichtsstrukturreform", der ihm aus Justizkreisen zugespielt worden sei. Der "geplante Kahlschlag" bei den Bezirksgerichten in Kärnten stelle "einen weiteren Anschlag auf den ländlichen Raum" dar. Die FPÖ Niederösterreich forderte eine Standortgarantie, während die niederösterreichische ÖVP sich „Schnellschüsse und unausgegorene Überlegungen“ aus Wien verbat.

Vorarlberg und Burgenland erinnern an Schließungen

Auch der Vorarlberger Landeshauptmann, Markus Wallner (ÖVP), protestierte gegen die Ideen in dem Papier: Eine Schließung des Stadorts Bezau komme nicht infrage. Schon bei der letzten Justizreform sei das Bezirksgericht in Schruns im Montafon geschlossen worden; dessen Agenda wanderte damals ans Bezirksgericht Bludenz. „Damals wurde fix zugesagt, dass das Gericht in Bezau bleibt. Darauf beharre ich“, so Wallber am Donnerstag. Das Papier kenne er selber nicht; ohne Einbindung und Zustimmung der Länder werde eine Reform nicht möglich sein, mahnte der Landeshauptmann, der am Sonntag eine Landtagswahl zu schlagen hat.

In Oberösterreich sagte Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP), bei den angedachten Plänen handle es sich um Einsparung „wieder auf der untersten und bürgernahen Ebene“, die er nicht einsehe. Kritik übte er an der Vorgangsweise: Sollte wirklich geplant sein, Bezirksgerichte zu schließen, sei er "betroffen, dass es vorab keinerlei Informationen an die Bundesländer gegeben hat". 

Im Burgenland wehrten sich sowohl SPÖ als auch ÖVP gegen die vermeintlichen Pläne. Die Sozialdemokraten orteten einen „Anschlag auf den ländlichen Raum“ und eine Beschneidung der Lebensqualität. Die Volkspartei bekannte sich in dem Bundesland per Aussendung zu einem „Erhalt der Bezirksgerichte“. Schon die Schließung des Bezirksgerichts Jennersdorf, das Anfang 2018 mit dem Bezirksgericht Güssing zusammengelegt worden war, sein großer Fehler gewesen - ein Fehler, den man nicht wiederholen dürfe. (APA)

(APA)

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