Nachfrage

Historische Villen: Zarter Frühling für die großen alten Damen

Ideal: Villen-Flair mit modernem Komfort.
Ideal: Villen-Flair mit modernem Komfort.(c) Getty Images (JamesBrey)
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Nach ein paar ruhigen Jahren zieht die Nachfrage wieder etwas an.

Es bewegt sich etwas bei den großen Objekten des Wiener Wohnens: Nach eher ruhigen Jahren hat der Markt wieder angezogen und legte laut dem Villenreport von Otto Immobilien 2018 sogar ein Rekordjahr hin: 211 Millionen Euro wurden demnach in den Bezirken Währing und Döbling umgesetzt, laut Otto der höchste Umsatz der vergangenen zehn Jahre. Auch die Anzahl der Transaktionen war rekordverdächtig: Die 73 getätigten Verkäufe lagen um 49 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt.

Bastlerhit versus topsaniert

Eine Entwicklung, die sich auch heuer auch im Segment der historischen Villen weiter fortgesetzt hat, wie Richard Buxbaum, Prokurist von Otto Immobilien, berichtet: „Speziell nach den klassischen Wiener Villen, vor allem im 18., 19. und 13. Bezirk, herrscht eine sehr gute, gesteigerte Nachfrage, die seit Anfang des Jahres noch einmal deutlich in die Höhe gegangen ist“, so der Makler. Was inzwischen auch für Wartelisten derjenigen Käufer sorgt, die noch nicht genau das gefunden haben, was sie suchen. „Das sind Käufer, die beispielsweise bereits im 19. wohnen, ein Budget von ein paar Millionen haben und auf etwas warten, was für sie das beste Preis-Leistungs-Verhältnis hat.“ Die Vorstellungen darüber gehen im Segment der historischen Villen durchaus auseinander: Während ein Teil der Klientel lieber einen hochwertigen „Bastlerhit“ kauft und diesen dann nach den ganz persönlichen Vorstellungen renovieren lässt, interessiert sich die andere Gruppe für bereits perfekt adaptierte Häuser. „Österreicher richten dabei gern selbst her, während internationale Käufer oder auch Heimkehrer, die lang im Ausland gelebt haben, sich das eher nicht antun wollen“, weiß Buxbaum.

Mit Ausbaupotenzial: Villa in Wien Döbling.
Mit Ausbaupotenzial: Villa in Wien Döbling.(c) Christian Steinbrenner/Otto Immobilien

Im Endeffekt laufen die Preise in beiden Fällen aber ungefähr auf das Gleiche hinaus, wie der Makler berichtet: „Die größte Nachfrage herrscht im Segment bis 2,5 Millionen Euro.“ Wofür man entweder eine kleinere, schön hergerichtete Villa bekommt, oder um 1,5 bis 1,7 Millionen Euro ein Objekt kauft, das ein wenig Zuwendung braucht – und in das man gern eine weitere Million investiert, um es nach eigenen Vorstellungen herzurichten. Wobei das Preisgefüge nach oben hin offen ist: „Wir haben heuer in der Nussberggasse eine Villa um 7,9 Millionen Euro verkauft, in die dann noch einmal zwei bis drei Millionen investiert worden sind“, berichtet Buxbaum von den Preisen in den Einserlagen.

Ruhiger im Süden

Ein wenig günstiger lassen sich die Träume vom Leben in einer historischen Villa noch im südlichen NÖ erfüllen, wo von der neuen Bewegung auf dem Wiener Markt derzeit noch nicht so viel zu spüren ist, wie Helfried Mück, Inhaber von Engel und Völkers Mödling, berichtet: „In den Bezirken Mödling und Baden ist der Markt noch nicht wieder angesprungen“, gibt der Makler zu, „hier ist der Villenmarkt derzeit eher ein kleiner, auf dem vielleicht aktuell fünf bis zehn Objekte angeboten werden.“ Diese Villen sind eher im unteren Preissegment zu finden sind: „Hier beginnen die Preise für historische Objekte bei einer Million Euro und enden bei fünf“, sagt Mück. Wobei sich die Transaktionen in dieser kleinen Nische unter drei Millionen Euro mit jeweils zwei bis drei Objekten abspielen – und noch einmal ebenso viele zwischen drei und fünf Millionen. „Allerdings wechselt nicht jedes Jahr eine Villa um fünf Millionen den Besitzer“, erklärt Mück.

Gesucht werden dabei im Wiener Süden in den meisten Fällen fix fertig hergerichtete Häuser, der Bedarf nach historischen Villen „mit Potenzial“ ist hier eher überschaubar: „Die Mehrheit kauft eher fertige Objekte, denn bei historischen Objekten ist man vor Überraschungen nie sicher“, kennt der Makler die Bedenken vieler Käufer.

Nach ursprünglichen Plänen restaurierte Villa am Wiener Schafberg.
Nach ursprünglichen Plänen restaurierte Villa am Wiener Schafberg.(c) Kurt Kuball

Im Endeffekt soll das Haus dann aber das beste beider Welten vereinen: den Charme der Vergangenheit verströmen, aber mit Klima- und Alarmanlage, Bus-System, Lift und En-suite-Bädern für möglichst jedes Schlafzimmer. Ausschlaggebend sei dabei vor allem die Grundstruktur, die passen muss, wie Buxbaum erklärt: „Dazu gehört, dass sich die Grundrisse so gestalten lassen, dass es für das Familienleben passt, etwa in dem sich auch ein Nanny-Zimmer unterbringen lässt“, nennt er die wichtigsten Kriterien. Bonuspunkte gebe es dann, wenn sich neben einem schönen Stiegenhaus auch schon ein Lift im Haus befindet, weiß Mück. „Außerdem hat natürlich jeder gern einen Garten mit einer repräsentativen Auffahrt“, fügt er hinzu, „aber bei manchen Stadtvillen sind die Grundstücke im Süden Wiens so klein, dass schon die Möglichkeit, mehrere Autos zu parken, ein Asset ist“, kennt er die Luxusprobleme. Das Um und Auf bei den historischen Objekten sei immer, dass nach Beendigung aller Renovierungsarbeiten eine stimmige Atmosphäre herrscht.

Qualitäten erhalten

Das richtige Flair steht auch für den Wiener Architekten Sebastian Illichmann im Mittelpunkt von Renovierungen historischer Villen. „Da gibt es kein Rezept, sondern eine Vielzahl von kleinen Schrauben und Maßnahmen, an die man sich herantasten muss“, betont er. Und zwar, nachdem man sich die Qualitäten, die das Haus einst gehabt hat, genauso anschaut wie die Dinge, die über die Jahrzehnte mit dem Gebäude angestellt wurden. „So haben wir bei der Restaurierung einer historischen Villa am Schafberg alte Pläne gefunden, die zeigten, dass das Haus einst ganz anders ausgesehen hat und die Proportionen der Fensteröffnungen nicht mehr gepasst haben“, erinnert er sich. Neben der Wiederherstellung der einstigen Fenster und Proportionen entschloss sich Illichmann zu radikalen Veränderungen, die das Haus auf den Stand der heutigen Wohnbedürfnisse brachten: „So haben wir das Stiegenhaus herausgenommen und in einen Anbau verlegt und im Raum des vormaligen Stiegenhauses die Bäder übereinander angeordnet“, berichtet er. Häufig brauche es gar nicht viel mehr, um all die Wünsche nach Bädern und Ankleidezimmern der Jetztzeit zu befriedigen. „Schließlich ist auch in einer historischen Villa nicht jeder Raum ein erhaltenswerter Salon, und es gibt jede Menge Nebenküchen, Speisekammern oder Lagerräume – die man dann eben umorganisieren muss“, erklärt Illichmann.

Historische Villen

Türmchen, Erker, gekieste Auffahrten und ein prächtiger Altbaumbestand: Historische Villen spielen in Wien und Umgebung in der Oberliga der Luxusimmobilien. Und haben meist auch im Vergleich mit modernen Designervarianten die Nase vorn. In den vergangenen Jahren war der Markt für beide Vertreter nicht zuletzt durch ein Überangebot eher mau, seit Beginn des Jahres zieht die Nachfrage allerdings wieder an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2019)

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