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Wenn Bezirksgerichte wieder schließen sollen

Im Ministerium liegen – wieder einmal – Schließungspläne auf.
Im Ministerium liegen – wieder einmal – Schließungspläne auf.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ein internes Papier des Justizressorts enthält den Plan, Bezirksgerichte zu schließen.

Wien. Es war ein Kraftakt des Justizministeriums: Um die 50 Bezirksgerichte wurden geschlossen. Verbleibende Bezirksgerichte wurden zusammengelegt. Weitere Schließungen sollten folgen. So endete ein jahrelanges Tauziehens zwischen Bund und Ländern. Wann das alles war? Im Jahr 2002. Nun, 17 Jahre später, bricht der Streit erneut los. Im Ministerium liegen – wieder einmal – Schließungspläne auf.

Reflexartig heulen Politiker nun auf. So wie früher. Den Vorschlag, etliche Kleingerichte aufzulassen, nannte beispielsweise der burgenländische SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst einen „Anschlag auf den ländlichen Raum“, den man sich nicht gefallen lassen wolle. Nahezu wortgleich reagierte Kärntens FPÖ-Chef Gernot Darmann. Auch Vorarlbergs Landeschef Markus Wallner (ÖVP) protestierte scharf – ebenso wie weitere Landespolitiker.

Mit Ausnahme von Wien sind Standorte in allen Ländern – derzeit gibt es bundesweit 115 Bezirksgerichte – laut dem Reformpapier betroffen. In Kärnten sollen fünf von elf Gerichten weichen: Feldkirchen, Hermagor, Ferlach, Bleiburg und Eisenkappel. In Tirol sollen fünf von 13 Standorten geschlossen werden, nämlich die Gerichte in Telfs, Landeck, Silz, Zell am Ziller und Rattenberg.

Im Burgenland würden Standorte in Mattersburg und Oberpullendorf wegfallen. Für Niederösterreich wird vorgeschlagen, vier von 26 Häuser aufzugeben und zwar in Bruck an der Leitha, in Scheibbs, Lilienfeld und Gmünd. In der Steiermark würden drei von 15 Bezirksgerichten der Reform zum Opfer fallen: Mürzzuschlag, Murau und Schladming. In Oberösterreich wäre nur Eferding betroffen, eines von insgesamt 18 Bezirksgerichten. In Salzburg würden drei Justizeinrichtungen (von derzeit acht), nämlich Neumarkt, Oberndorf und Thalgau, zum neuen Zentrum Seekirchen/Wallersee fusionieren. In Vorarlberg würde nur ein Standort von allerdings derzeit bloß vier schließen, nämlich Bezau.

Ministerium beruhigt

Argumentiert wird in dem internen Papier, „dass eine moderne, den Interessen und Bedürfnissen der Bürger verpflichtete Justiz den sich aus der zunehmenden Digitalisierung ergebenden Anforderungen gerecht werden und die dabei entstehenden Synergieeffekte nutzen muss“. Dies funktioniere nur mit einer „grundlegenden Strukturreform“.

Im Justizressort ist man um Beruhigung bemüht. Es handle sich nur um ein Arbeitspapier. Für Übergangsjustizminister Clemens Jabloner seien Schließungen kein Thema. Sollte man diesen Schritt später doch vollziehen, würde man zuerst mit den betroffenen Ländern verhandeln.

Zuletzt waren die Bezirksgerichte – sie sind sowohl für Strafprozesse als auch für Zivilrechtssachen (Beispiel: Erbschaften, Obsorge-Regelungen) zuständig – durch den drückenden Mangel beim Kanzleipersonal in die Schlagzeilen geraten. Richter warnen stetig vor einem Aushungern der Justiz. (m. s./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.10.2019)

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