Gartenkralle

Kompostieren für Bequeme

Der vermeintliche Abfall wertet Böden auf und lässt etwa Dahlien blühen.
Der vermeintliche Abfall wertet Böden auf und lässt etwa Dahlien blühen.(c) Ute Woltron
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Sogenannte Gartenabfälle verwandelt der kluge Gärtner in Humus, auf dass beispielsweise die hungrigen Dahlien auch an Stellen gedeihen, an denen sie ohne Zutun keine Überlebenschance hätten.

Vorweg die gute Nachricht: Es gibt keine Gartenabfälle. Der Duden, zumindest die aktuelle 27. Auflage, definiert Abfall als „unbrauchbarer Überrest“. Möglicherweise lautete die Begriffsbestimmung 1880, dem Erscheinungsjahr des Nachschlagwerks, noch anders, weil das Wegwerfen von Dingen noch nicht so in Mode war wie heutzutage. Vielleicht nennt ja jemand von Ihnen eine alte Ausgabe sein Eigen und kann weiterhelfen. Im Garten jedenfalls erübrigt sich die Frage danach, denn alles, was hier abfällt, ist von großem Wert.

Demnächst beispielsweise werden Unmengen an Blättern von Bäumen und Sträuchern fallen. Eine Last? Keineswegs, vielmehr ein raschelnder, duftender Schatz, den der vernünftige Gärtner begehrlich zu Häufen türmen und in die Kompostcontainer kippen wird. Zwischendrin mit ein bisschen altem Kompost bestreut und solchermaßen mit den darin befindlichen Mikro- und Kleinstorganismen geimpft, wird er bereits im kommenden Jahr zu kostbarem Humus verwandelt die Beete düngen. Die Voraussetzung dafür sind freilich leere Container, und hier, so könnte man sagen, ist der Wurm drin. Einerseits, weil der Kompostwurm einen Teil der Kompostierarbeit verrichtet, andererseits, weil der fertige Kompost aus den Containern entfernt werden muss, und das kann in Anstrengung ausarten.

Würmer helfen mit. Kompost schaufeln ist schwere Arbeit, keine Frage. Doch es gibt eine kräfteschonende Variante, die sich hier auf diesem teils geröllhaldenartigen Steinboden bestens bewährt hat. Meine Kompostcontainer wandern durch den Garten. Sie stehen stets an besonders kargen Orten, also dort, wo der Humus nur wenige Zentimeter die selbst von Krampen und Spaten fast undurchdringliche Ortsteinschicht bedeckt.

Hier gedeiht kaum etwas, es sei denn, der Kompostcontainer befindet sich ein, zwei Jahre darüber. Auch hoch aufgetürmte Grünmassen sacken schnell in sich zusammen und verwandeln sich in Erde, die dann einfach mit dem Rechen aufbereitet wird. Die oberste, noch nicht verrottete Schicht kann mit der Mistgabel recht leicht abgetragen und vorerst in der Scheibtruhe aufbewahrt werden. Der bereits schwärzlich duftende, fertige Kompost darunter wird mit dem Rechen an Ort und Stelle ausgebreitet und kann entweder jetzt schon oder erst im Frühling bepflanzt werden. Die unterirdisch herbeigeeilte Heerschar der Würmer hat über die vergangenen Monate auch die tieferen Bodenschichten gelockert und durchlüftet, und ein paar Quadratmeter Garten haben eine wunderbare Aufwertung erfahren.

Gut gepflegt stinkt Kompost nicht. Die ideale Variante des Komposters, zumindest für überschaubare Gartenanlagen, besteht aus einem quadratischen Metallgerüst, das abmontierbaren Brettern Halt gibt. Das erleichtert das Abtragen des noch nicht Verrotteten und das Versetzen des Containers. Die ideale Voraussetzung für diese Variante der Flächenkompostierung ist ein Häcksler, der Grünabfälle schreddert, in diesem Fall spart man sich das mühselige Durchwerfen und Sieben des gewonnenen Gärtnergoldes.

Ein gut gepflegter Komposthaufen wird übrigens niemals stinken, und wem der Anblick der Container missfällt, hat immer noch die Möglichkeit, sie mit Kürbissen oder anderen Wucheranten überwachsen zu lassen. Oder Sie stellen im Frühjahr ein paar fesche Kübelpflanzen davor, hochgewachsen und grazil. Während der „Abfall“ den Boden veredelt, haben Sie Muße, sich auszumalen, wie schön ein neues Beet an dieser Stelle sein wird, wie beispielsweise nährstoffbedürftige Dahlien hier blühen könnten, die im vormaligen Geröll keine Überlebenschance gehabt hätten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2019)

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