270 Euro

Haarige Kontroverse um Alexandria Ocasio-Cortez

(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/Alex Wroblewski (Alex Wroblewski)
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Die 30-jährige Politikerin, die sich für die Rechte der Armen einsetzt, gebe zu viel Geld beim Frisör aus, lautet der Vorwurf. Das sei sexistisch und falsch, meinen ihre Befürworter.

Alexandria Ocasio-Cortez, auch als AOC bekannt, hat die Haare schön. Zu schön vielleicht. Genau deshalb steht die 30-jährige demokratische Politikerin, die als Abgeordnete für den 14. Kongresswahlbezirk New York Citys im Repräsentantenhaus sitzt, in der Kritik. Sie gebe zu viel Geld beim Frisör aus und das, obwohl sie sich selbst als demokratische Sozialistin bezeichne.

Die Boulevardblatt "Washington Times" veröffentlichte eine „exklusive“ Geschichte, in der ausgerechnet wird, dass die 30-Jährige umgerechnet etwa 70 Euro für einen Haarschnitt und 160 Euro für Strähnchen ausgibt. Mit Trinkgeld würde der Frisörbesuch so etwa auf 270 Euro kommen. Das sei verwerflich, so die Zeitung. Immerhin sei AOC ja Sozialistin. „Die selbsternannte Sozialistin, die regelmäßig gegen die Reichen austeilt und sich über die Lebenshaltungskosten im Einzugsgebiet der Stadt beschwert, gibt fast 300 Dollar für ihre Haare in einem teuren Haar-Salon aus, den sie regelmäßig in Washington besucht“, schreibt die Zeitung dazu. Soll sich die hochrangige Politikerin selbst die Haare schneiden?

Nein, im Artikel wird weiters kritisiert, dass Alexandria Ocasio-Cortez nicht zu dem von Steuergeld subventionierten Frisör geht, der Politikern in der Nähe des Kapitols zur Verfügung steht. Andererseits steht dieser Service immer wieder in der Kritik, unverhältnismäßig viel Steuergeld zu kosten. Zudem berichten viele Medien, dass 70 Dollar für einen Haarschnitt in Washington durchschnittlich und keinesfalls teuer seien.

Verfehlungen zum Preis tausender Haarschnitte

Wegen eines Frisörbesuches von einem Boulevardblatt diskreditiert zu werden, klingt absurd. Auf Twitter reagierte die Politikerin trotzdem auf die Kritik. "Der rechte Flügel will für die eigenen moralischen Verfehlungen nun den demokratischen Sozialismus verantwortlich machen", schreibt sie.

Außerdem holte sie zum Angriff auf: Vizepräsident Mike Pence gab vor kurzen knapp 550.000 Euro Steuergeld aus, um in seiner Limousinen einen Umweg zu machen und einen Golfplatz von Präsident Donald Trump zu besuchen. Das seien umgerechnet einige tausend Haarschnitte. "Ich frage mich, ob sich die Republikaner ebenso um Korruption sorgen als um den Haarschnitt und die Haarfarbe einer Frau."

Die Politikerin erhält viel Zuspruch, kritisiert wird die heuchelnde Doppelmoral, der Frauen in der Öffentlichkeit ausgesetzt sind. Würde man etwa auch über den Haarschnitt eines Mannes berichten? Und sei es nicht auch Privatsache, wofür ein Mensch sein Geld ausgebe?

Verflechtung von Haaren und Politik

Haare und Politik trafen in der Vergangenheit schon einige Mal aufeinander. Hilary Clinton etwa scherzte 2014, dass der Untertitel ihrer Memoiren Hard Choices lauten sollte: „The Scrunchie Chronikles: 112 Countries and It's Still All About My Hair“ (zu Deutsch: Die Zopfgummi-Chroniken: 112 Länder und es geht immer noch nur um meine Haare). Dabei spielte sie darauf an, dass sie regelmäßig für ihre Zopfgummi-Frisuren kritisiert wurde.

Auch Ehemann Bill Clinton verstrickte sich schon in eine "haarige" Affäre: 1993 ließ er ein Flugzeug in Los Angeles warten, um sich von Cristophe in Beverly Hills die Haare schneiden zu lassen. Die "New York Times" berichtete damals: "Fragen zu Mr. Clintons Haarschnitt beherrschten heute die Nachrichten im Weißen Haus. Kommunikationsdirektor George Stephanopoulos versuchte zu erklären, warum der populistische Präsident einen der am stärksten frequentierten Flughäfen der Welt blockiert hat, um sich die Haare trimmen zu lassen."

Ins Fettnäpfchen trat auch John Edwards im Zuge der Präsidentschaftskampagne 2007. Als er sich als beste Chance für die Arbeiterklasse positionierte, kam heraus, dass er für zwei Haarschnitte 800 Dollar ausgegeben hatte. Das entlarvte ihn als Heuchler.

2016 wurde die Frisörrechnung des ehemaligen französischen Präsidenten François Hollande veröffentlicht. Er wurde stark kritisiert, weil die monatliche "Styling-Rechnung" fast 10.000 Dollar betrug.

>> Washington Times

>> New York Times

(chrile)

(chrile )

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