Gergely Karáscony ist neuer Bürgermeister der ungarischen Hauptstadt. Ein neuer Gegenspieler für Premierminister Viktor Orbán mit Fokus auf grün-liberale Themen.
"Der Tote ist auferstanden, es gibt eine Opposition", schrieb das Online-Portal "24.hu" am Montag. Für Regierungschef Viktor Orbán war es ein Wahltag mit unangenehmem Ausgang. Die Opposition in Ungarn hat bei den landesweiten Kommunalwahlen einen Durchbruch erzielt. Besonders schmerzt die Regierungspartei Fidesz wohl das Ergebnis in Budapest. Die Wahl zum Bürgermeister gewann Gergely Karácsony, der gemeinsame Kandidat der Opposition, mit 50,6 Prozent der Stimmen deutlicher als erwartet. Ein Politiker mit Vergangenheit bei zwei grünen Parteien. Er verdängte den Amtsinhaber und Orbán-Parteikollege Istvan Tarlos.
Sein Faible für Ökologie und grüne Politik führt Karácsony auf das Elternhaus zurück. Der früh gestorbene Vater und die Mutter arbeiteten als Gartenbau-Ingenieure. Zu Hause, in dem kleinen Dorf in Nordostungarn, wo der heute 44-Jährige aufwuchs, kamen Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, angebaut ohne Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel.
Das Studium führte Karácsony in die ungarische Hauptstadt. Im Jahr 2000 diplomierte er in Soziologie an der Budapester Eötvös-Universität (ELTE). Danach arbeitete er als Uni-Assistent und Meinungsforscher. Beim renommierten Institut Median schätzten ihn die Kollegen für seine Kenntnisse in angewandter Mathematik und Statistik.
In die Politik verschlug es ihn im Jahr 2010, als ihn die neu entstandene Öko-Partei LMP ("Politik kann anders sein") als Wahlkampfleiter für die Parlamentswahl gewann. Mit 7,5 Prozent der Stimmen schaffte es die LMP auf Anhieb in die Volksvertretung. Es war dies aber auch jene Wahl, mit der der rechts-nationale Viktor Orbán seine bis heute andauernde Herrschaft begründete.
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Balanceakt in Bezirksvertretung
2012 verließ Karácsony die LMP wegen eines Richtungsstreits. Als Ko-Vorsitzender der kleinen grün-liberalen Partei Dialog für Ungarn (PM) und mit Unterstützung der Sozialisten (MSZP) wurde Karácsony 2014 zum Bürgermeister des Budapester Stadtbezirks Zugló gewählt.
Im Bezirksrat herrschte ein Patt zwischen Orbáns Fidesz-Partei und der MSZP. Karácsonyi musste zwischen zwei Formationen jonglieren, die ihre jeweilige Klientel mit öffentlichen Posten und Aufträgen zu versorgen trachteten. Seine Bilanz sei mäßig, meinen die Einen. In dem Sumpf, der ihn umgab, habe er doch viel bewirkt, sagen die Anderen.
Als Oberbürgermeister von Budapest und neuer Gegenspieler der Fidesz-Macht wird er seine Fähigkeiten in einem wohl noch schwierigeren Biotop beweisen müssen. Denn Experten rechnen mit schweren Jahren für die Millionenmetropole. Regierungskreise hatten vor den Wahlen gedroht, Budapest den Geldhahn zuzudrehen, wenn die Opposition gewinnt
(APA)
(APA/dpa)