EU-Politik

Brexit: EU setzt London eine Frist bis Mitternacht

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Vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs drückt die EU in den Brexit-Verhandlungen aufs Tempo. Deutschlands Kanzlerin Merkel ist wenig optimistisch: Sie bezeichnet eine Einigung in der Irland-Frage praktisch unmöglich.

Die Europäische Union ist mit den bisherigen britischen Vorschlägen für eine Brexit-Vereinbarung unzufrieden und setzt Großbritannien eine Frist bis Dienstagabend. Andernfalls sollten die Gespräche nach dem für Donnerstag und Freitag geplanten EU-Gipfel fortgesetzt werden, sagte Chefunterhändler Michel Barnier nach Angaben von EU-Diplomaten am Dienstag den EU-Außenministern in Luxemburg.

Wenn es am Dienstag noch eine Einigung gebe, könne sich der EU-Gipfel ab Donnerstag damit befassen, sagte der belgische Außenminister Didier Reynders in Luxemburg. "Es ist aber nicht einfach." Ein Text müsse spätestens Mittwochvormittag zur wöchentlichen Sitzung der EU-Kommission vorliegen, damit die Mitgliedstaaten vor dem Gipfel noch informiert werden könnten, hieß es aus EU-Kreisen. Die jüngsten Vorschläge aus London seien Barnier zufolge nicht ausreichend.

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Mehrere EU-Außen- und Europaminister, die in Luxemburg zusammenkamen, zeigten sich skeptisch, dass in den nächsten Tagen ein Deal erreicht werden könne. Die Zeit für einen geordneten Brexit, also mit einer Vereinbarung über die künftigen Beziehungen, wird also knapp. Zudem wächst die Ungeduld in Brüssel mit London. Derzeit sieht es so aus, als wäre die EU nur zu einem sogenannten technischen Aufschub des Brexit bereit.

Dabei geht es um eine Verzögerung um maximal ein paar Wochen, um den Brexit möglichst geordnet zu vollziehen. Die Voraussetzung dafür wäre aber, dass die Briten einen halbwegs akzeptablen Deal für den EU-Gipfel vorlegen. Sollte bei dem Treffen am Donnerstag und Freitag in Brüssel tatsächlich eine Einigung darüber gelingen, würde das britische Parlament am Samstag darüber abstimmen.

Johnson könnte am Samstag zurücktreten

Zu der Option einer Aufschiebung äußerte sich am Montag Frankreichs Staatssekretärin für Europa-Angelegenheiten, Amelie de Montchalin. Sie zeigte sich zwar prinzipiell für eine erneute Verschiebung des Termins am 31. Oktober bereit. Aber eine längere Frist werde die Probleme nicht beseitigen, sagte sie. "Zeit allein ist keine Lösung." Nötig sei ein "signifikanter politischer Wechsel" in Großbritannien, um eine Diskussion über eine Fristverlängerung aufzunehmen. Ein solcher Wechsel könne die Aussicht auf eine Wahl oder ein Referendum sein, "etwas das die politische Dynamik verändert".

Geht es nach dem britischen Premierminister Boris Johnson, soll Großbritannien die EU ohnehin am 31. Oktober verlassen. Dazu könnte sich der Regierungschef auch über einen Beschluss des britischen Parlaments hinweg setzen, der einen Aufschub des Austritts verlangt. Dann droht allerdings ein Chaos-Brexit. Eine weitere Verschiebung wird es unter Johnsons Regierung damit eher nicht geben. Es wird daher spekuliert, dass Johnson am Samstag bei der Sondersitzung im britischen Parlament seinen Rücktritt einreichen und Neuwahlen beantragen wird.

Alles hängt an der Irland-Frage

Der größte Streitpunkt bei den Brexit-Verhandlungen ist nach wie vor die künftige Ausgestaltung der Grenze zwischen Irland und Nordirland. Nach einem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union verliefe eine EU-Außengrenze mitten durch die irische Insel. Viele sehen dadurch nicht nur immense Schwierigkeiten für Zollkontrollen und Handel, sondern auch für den mühsam errungenen Frieden in Nordirland und das Karfreitagsabkommen zwischen pro-britischen und pro-irischen Gruppen von 1998.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich diesbezüglich alles andere als optimistisch: Eine Lösung für die irische Grenze wirke wie eine „Quadratur des Kreises“, sagte sie am Montag. Jetzt sei klar, dass Großbritannien auch aus der Zollunion mit der EU austreten wolle, das mache die Gespräche so kompliziert. Denn einerseits gebe es künftig eine Binnenmarktgrenze mitten auf der irischen Insel zwischen Irland und Nordirland. Andererseits gebe es durch das Karfreitags-Abkommen die Zusage auch Großbritanniens, dass es keine harte Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland geben dürfe.

APA

(APA/Reuters/dpa/me)

(dpa)

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