Kritik

„Maleficent II“: Jolie begeistert als Mama-Monster

Dämonisch und liebevoll, kurzum hinreißend: Angelina Jolie als gehörnte Fee in „Maleficent 2“.
Dämonisch und liebevoll, kurzum hinreißend: Angelina Jolie als gehörnte Fee in „Maleficent 2“.(c) Disney
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In „Maleficent: Mächte der Finsternis“ wetteifern Angelina Jolie und Michelle Pfeiffer als böse Frauen. Teil zwei der Dornröschen-Variation wirkt viel origineller als der erste.

Rat mal, wer zum Essen kommt: Die Braut des Sohnes mit ihrer Patin, einer gefährlichen Fee. Die Mutter des Bräutigams ist aber auch eine Furie. Was kann dabei herauskommen? Zunächst wird der geflügelten Fee ein Hendl serviert, was für ein Fauxpas! Es bleibt nicht der einzige. Die Familien-Satire zu Beginn von „Maleficent II“ ist ein königliches Vergnügen.

Aber auch sonst glückte die Fortsetzung aus dem Disney-Konzern, gedreht vom Norweger Joachim Rønning. „Maleficent“ ist eine „Dornröschen“-Variation, von fernher ähnlich wie „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“, alte Märchen werden gern auf eigenwillige und drastische Weise weitergedichtet. „Maleficent“ ist zwar ein Kinderfilm, doch eher für robusten Nachwuchs geeignet, weil laut und grauslich, Teil eins weniger als Teil zwei. „Maleficent“ lehnt sich an Märchenfilme im Mittelalter-Stil an. Teil eins ist bieder, Teil zwei sophisticated. Und toll besetzt, mit Angelina Jolie, sie spielt neuerlich die dem Film seinen Titel gebende Fee, die 13., übelwollende, aus „Dornröschen“. In Teil eins verliebt sich Maleficent mit den dreieckigen Wangen und dem grünen Leuchten, das sich in todbringenden Feuerzauber verwandeln kann, in die kleine Prinzessin Aurora und beschützt sie. In Teil zwei ist Aurora erwachsen, sie hat ihren Prinzen gefunden, aber Maleficent ist eifersüchtig, und die Mutter des Prinzen (Michelle Pfeiffer) intrigiert.

Hier kämpft Zivilisation gegen Magie. In den Mooren auf der einen Seite des Flusses leben glücklich skurrile Elfen, putzige Igel, die aus „Herr der Ringe“ bekannten wandernden Bäume und andere Zauberwesen unter der Führung von Aurora (Elle Fanning). Als Prinz Philipp (Harris Dickinson) aus dem Land am anderen Ufer auftaucht, ist das Paar bald handelseins und beschließt, eine Brücke über den Fluss zu bauen. Doch Philipps Mutter Ingrith (Pfeiffer) betreibt in den Kellern des Schlosses eine Schmiede, in der ein abtrünniger Elf eine Wunderwaffe gegen seinesgleichen entwickelte.

„Maleficent: Mächte der Finsternis“ entfacht ein Feuerwerk an Special Effects, Mittelalter-Fans dürften ihre Freude an Armbrüsten, Rüstungen, Burgen haben, und für die Kinder gibt es reichlich bunte Geschöpfe, die von Ingriths Dienerin in eine Kirche eingesperrt werden. Die arglosen Waldbewohner bilden einen skurrilen Kontrast zur strengen Gotik des Gotteshauses. Es gibt viele Kampfszenen. Und Maleficent, eine Art Schamanin, findet Artgenossen in den Bergen. Stets an ihrer Seite ist wieder Rabe Diaval, der sich bei Bedarf verwandelt – in ein schreckliches schwarzes Ungeheuer (erinnert an „Bis(s)“) oder in einen Götterboten.

Starke Frauen, melancholische Männer

Die böse Frau, die böse Fee ist eine der unverzichtbaren Märchenfiguren. Jolie spielt sie sehr überzeugend und zeigt den Zwiespalt einer Kinderlosen, die einerseits genervt, andererseits berückt ist von „Beasty“, Monsterchen in der deutschen Fassung, so nennt Maleficent Aurora. In Wahrheit ist sie selbst das Monster, sie repräsentiert die dunkle Seite der Mütterlichkeit, die anarchische Mörderin, eine Medea, deren zerstörerische Kräfte immer wieder hervorbrechen. Aurora versucht ihre Ersatzmama zu zähmen: Erziehung in umgekehrter Richtung.

So mag in „Maleficent“ jeder etwas finden, vor allem starke Frauen, die ihre Weicheier-Männer an Aggressivität übertreffen. Ob solche Einseitigkeit Kindern etwas beibringt? Insgesamt: ein Hit. Es dürfte wohl weitere Fortsetzungen geben. Disney mischt gern allzu vordergründig Kultus und Kultur, hier waltete echte kreative Fantasie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2019)

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