Sondierung

Verhandlungsteam: Sechs Grüne für ein Halleluja

Die Ärmel noch nicht aufgekrempelt: Werner Kogler spricht ab Freitag mit der ÖVP.
Die Ärmel noch nicht aufgekrempelt: Werner Kogler spricht ab Freitag mit der ÖVP. (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Gelingt eine Koalition mit der ÖVP? Die Grünen präsentierten aller Skepsis zum Trotz ihr Verhandlungsteam.

Wien. Im Wahlkampf war es noch sein Markenzeichen gewesen. Am Dienstag trat Grünen-Chef Werner Kogler aber in einem Hemd ohne aufgekrempelte Ärmel vor die Medien. Daraus zu schließen, dass Kogler schon beginnt, sich für das Amt des Vizekanzlers zu kleiden, wäre aber verfrüht.

Denn der Grünen-Chef gibt sich betont vorsichtig, wenn es um eine mögliche Koalition mit der ÖVP geht. „Ich würde die Erwartungen nicht zu hoch hängen, die Unterschiede sind enorm“, sagte Kogler. Schon bei der „Wahlkabine“ (einer Onlinewahlhilfe) habe man gesehen, dass ÖVP und Grüne die wenigsten Überschneidungen hätten. Auch glaube er nicht, dass die FPÖ aus dem Rennen sei, nur weil sie jetzt nicht an weiteren Sondierungsgesprächen mit der ÖVP teilnimmt. „Mit solchen Spompanadeln braucht man mir gar nicht zu kommen“, sagte Kogler. Schließlich habe die FPÖ erklärt, für mögliche Gespräche mit der ÖVP wieder bereit zu sein, wenn die Verhandlungen mit den anderen Parteien scheiterten.

Man könnte fast meinen, Werner Kogler wäre es noch etwas unangenehm, mit der ÖVP über eine mögliche Koalition zu verhandeln. Doch der Termin ist fixiert: Die ersten Sondierungsgespräche (das klingt auch noch viel harmloser als Koalition) zwischen den beiden Parteien finden am Freitag um zehn Uhr statt. Und Kogler präsentierte am Dienstag im Büro der Grünen in Wien Erdberg auch sein sechsköpfiges Verhandlungsteam dafür.

Neben ihm dabei ist die Wiener Grünen-Chefin, Birgit Hebein, die nicht gerade als Querverbinderin zu ÖVP-Chef Sebastian Kurz gilt. Vor der Nationalratswahl hatte sie erklärt, Kurz wirke abgehoben und solle einmal etwas abseits der Politik arbeiten. Überhaupt fehle ihr die Fantasie, um sich eine türkis-grüne Koalition vorstellen zu können, hatte Hebein im Sommer gemeint.

Rudi Anschober dürfte sich mit der Fantasie leichter tun, er hat als oberösterreichischer Landesrat schon in einer früheren Koalition Erfahrungen mit der ÖVP gemacht. Alma Zadić (vormals Liste Jetzt) soll der Partei juristischen Beistand leisten. Mit ihren Kontakten zu Umweltschutzorganisationen bringt sich Leonore Gewessler ein. In Finanzfragen vertrauen die Grünen dem Budgetexperten Josef Meichenitsch.

Für die erste Verhandlungsrunde mit der ÖVP haben sich die Grünen kein fixes Thema ausgemacht, es geht um ein Kennenlernen. Die Volkspartei möchte daneben auch die Gespräche mit den anderen Parteien (SPÖ und Neos) fortsetzen. Erwarten sich die Grünen, dass die Volkspartei irgendwann mit ihnen exklusiv verhandelt, wenn es ernst werden sollte? „Üblicherweise würde man sich das erwarten“, meinte Kogler. Aber das müsse man mit der ÖVP bereden.

„Auch die Chancen sehen“

Und so ganz abgeneigt scheint Kogler einer Koalition mit der Volkspartei dann auch nicht zu sein. „Man soll sich nicht immer nur fürchten und nur die Risken sehen, sondern möglicherweise auch Chancen“, betonte er. Beide Parteien verbinde, dass sie bei der Wahl einen Stimmenzuwachs hatten. Und es gebe die Chance, den politischen Spalt, der seit der Bundespräsidentenwahl 2016 durch das Land gehe, zu schließen.

Eher skeptisch sieht Kogler die Idee einer Dreierkoalition mit den Neos. Denn falls es wirklich zu einer türkis-grünen Koalition komme, wäre diese auch ohne Neos stabil, meinte er.

Und wann wird klar sein, ob aus Türkis-Grün etwas wird? „Keep cool down everybody“, meinte Kogler auf derartige Fragen in seiner Englisch-Variation. Apropos Coolness: Dass Kogler seine Hemdsärmel lang trug, hatte ganz profane Gründe. Er sei zur Pressekonferenz spät dran gewesen und habe dann auf das Aufkrempeln verzichtet, erklärte er.

Werner Kogler (ganz links) und sein Team.
Werner Kogler (ganz links) und sein Team.(c) APA/APA-TEAM (APA-TEAM)

Das Team der Grünen

Birgit Hebein
Die Wiener Grünen-Chefin und Sozialexpertin gilt als Kritikerin von Sebastian Kurz.

Rudi Anschober
Der Landesrat aus Oberösterreich setzt sich dafür sein, dass als Lehrling tätige Asylwerber im Land bleiben dürfen.

Alma Zadić
Sie wechselte von der Liste Jetzt zu den Grünen und bringt Expertise aus dem BVT-U-Ausschuss mit.

Leonore Gewessler
Die frühere Geschäftsführerin von Global 2000 wird die Öko-Themen verhandeln.

Josef Meichenitsch
Er war zuletzt in der Finanzmarktaufsicht tätig und beriet beim Hypo-U-Ausschuss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2019)

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