Literaturnobelpreis

Handke in Griffen: „Lasst mich in Frieden und stellt mir nicht solche Fragen"

Austrian author Peter Handke, winner of the 2019 Nobel Prize in Literature, poses in his house in Chaville
Austrian author Peter Handke, winner of the 2019 Nobel Prize in Literature, poses in his house in Chaville(c) REUTERS (CHRISTIAN HARTMANN)
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Kritische Journalistenfragen haben den Literaturnobelpreisträger beim Heimatbesuch in Kärnten überrascht und geärgert. Er brach das Gespräch ab, einen geplanten Medientermin sagte er ersatzlos ab.

Der Besuch von Schriftsteller Peter Handke in seinem Heimatort in Griffen in Kärnten war schon länger geplant, mit der Zuerkennung des Literaturnobelpreises bekam er freilich neues Gewicht. Darum wurde Handke am Dienstagabend nicht nur von Griffens Bürgermeister Josef Müller und Gemeindevertretern, sondern auch von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und ungeplant auch von Journalisten empfangen.

Zunächst dürfte die Stimmung durchaus harmonisch gewesen sein. Man sei gestern Nachmittag zu dritt (Handke, sein Freund Valentin Hauser und Bürgermeister Müller) zusammengesessen. "Es war eine wunderbare Begegnung. So friedlich habe ich Peter überhaupt noch nie erlebt", schilderte Hauser. Doch beim Gespräch mit den Medienvertretern eskalierte die Situation.

Zunächst beantwortete der Autor noch Journalistenfragen. Ein Schwenk zu der Buchpreis-Rede von Saša Stanišić erzürnte den Nobelpreisträger dann aber. Stanišić, der als 14-Jähriger aus Bosnien fliehen musste, hatte Handke vorgeworfen, Kriegsverbrechen zu leugnen und sich eine Wirklichkeit zurechtgelegt zu haben, die „nur noch aus Lüge besteht“.

„Und alle fragen nur wie Sie"

Handke wiederum ging auf dieses Vorwurf nicht ein, sondern kritisierte seinerseits die Medien: „Ich steh vor meinem Gartentor und da sind 50 Journalisten - und alle fragen nur wie Sie und von keinem Menschen, der zu mir kommt, höre ich, dass er sagt, dass er irgendetwas von mir gelesen hat, dass er weiß, was ich geschrieben hab. Es sind nur die Fragen: Wie reagiert die Welt? Reaktion auf Reaktion“, so Handke laut dem im Ö1-"Morgenjournal" gesendeten Mitschnitt. „Ich bin ein Schriftsteller, komme von Tolstoi, ich komme von Homer, ich komme von Cervantes. Lasst mich in Frieden und stellt mir nicht solche Fragen“.

Er wolle nie wieder Journalistenfragen beantworten, sagte Handke dann. Diese interessierten sich trotz Nobelpreis ohnehin nicht für seine Literatur. Ein geplanter Medientermin am Mittwochabend wurde abgesagt.

Handke wollte Aufführung ansehen

Wie lange der Schriftsteller in Griffen bleiben wird, wusste der Bürgermeister nicht zu sagen, zumal Handke seine Pläne oft spontan ändere. Er hat auch angekündigt, eine Vorstellung seines Stücks „Die Stunde da wir nichts voneinander wußten“ am Stadttheater Klagenfurt besuchen zu wollen. Die nächste Vorstellung findet am Donnerstag statt, noch ist beim Theater nicht bekannt, ob er kommen will.

Debatte um Handke

Peter Handke ist bis heute wegen seiner politischen Ansichten zum Bürgerkrieg in Ex-Jugoslawien (1991-1999) umstritten.

1996 kam es nach der Veröffentlichung von Handkes Reisebericht "Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien" zu heftigen Kontroversen. Wegen der Haltung des Vatikans im Kosovokrieg trat Handke 1999 aus der Römisch-katholischen Kirche aus und zur Serbisch-orthodoxen Kirche über.

Zu den umstrittensten Auftritten des Schriftstellers zählte 2006 seine demonstrative Teilnahme am Begräbnis des serbischen Ex-Präsidenten Slobodan Milosevic, dem vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal der Prozess gemacht worden war. In seiner Ansprache gedachte Handke aber keines Politikers, dafür aber zahlreicher serbischer Schriftsteller und Künstler.

In Serbien wurde Handke deshalb mit Ehrungen überhäuft. Kritiker werfen ihm dagegen eine Verharmlosung der serbischen Kriegsverbrechen vor, was Handke unter Hinweis auf eine differenzierte literarische Darstellung zurückwies.

(APA/Red.)

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