Formel 1

Die Rekordfahrt des „Iceman“

Im neuen Auto meist chancenlos, aber immer noch dabei: Kimi Räikkönen.
Im neuen Auto meist chancenlos, aber immer noch dabei: Kimi Räikkönen.Getty Images
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Kultfahrer, Champion, Lausbub: Seit 2001 dreht der Finne Kimi Räikkönen seine Runden in der Königsklasse. Bekannt ist der Alfa-Romeo-Pilot aber auch für seine Eskapaden, die anstehenden Bestmarken sind ihm herzlich egal.

Baar. Über seine Verweildauer in der Formel 1 wundert sich Kimi Räikkönen selbst. Auf die Frage, ob er sich jemals habe vorstellen können, mit 40 Jahren noch zu fahren, antwortete er am Rande des Grand Prix von Japan: „Ganz sicher nicht, aber so hat es sich eben entwickelt. Ich habe ja immer noch Zeit auszusteigen.“

Der finnische Alfa-Romeo-Pilot ist seit 2001 in der Motorsport-Königsklasse aktiv. Damals fuhren noch Michael Schumacher, Max Verstappens Vater Jos und Fernando Alonso. Fast zwei Jahrzehnte später jagt der „Iceman“, wie ihn sein früherer McLaren-Teamchef Ron Dennis wegen der Abgebrühtheit und früher berühmt-berüchtigten Wortkargheit nannte, noch immer Punkten hinterher.

Seit fünf Rennen hat der Mann aus dem westlich von Helsinki gelegenen Espoo, der am Donnerstag 40 Jahre alt wird, aber keine Zähler mehr eingefahren. Und das nervt Räikkönen gewaltig, auch wenn er wusste, dass Erfolge beim früheren Sauber-Team deutlich kleiner ausfallen würden als noch bei Ferrari.

„Die Ruhe“ werde er vermissen, hatte Sebastian Vettel über seinen Freund Räikkönen gesagt, als dieser die Scuderia Ende vergangenen Jahres für Charles Leclerc verlassen musste. Politik und Intrigen sind dem 21-fachen Grand-Prix-Sieger genauso verhasst wie Simulatorfahrten, das Herumreisen und PR-Termine.

Dennoch band sich Räikkönen, seit seinem WM-Titel 2007 noch immer Ferraris bisher letzter Champion, aus purer PS-Lust bis Ende 2020 an Alfa Romeo. Beim Schweizer Sauber-Team hatte er 2001 auch sein Formel-1-Debüt gefeiert. Nur 2010 und 2011 nahm sich Räikkönen eine Auszeit, um an der Rallye-WM und der Nascar-Serie teilzunehmen.

In der Schweiz, in Baar am Zugersee, hat er längst eine Heimat für sich, Frau Minttu sowie die beiden Kinder, Robin und Rianna, gefunden. „Ich kann mir nicht mehr vorstellen, ständig in Finnland zu leben. Wenn ich in der Formel 1 aufhöre, werde ich mit der Familie in der Schweiz bleiben“, erzählte er der „Neuen Zürcher Zeitung“. „Mit den Wäldern, den Feldern, den Seen erinnert mich die Schweiz sehr an Finnland.“ Baar sei sein Zuhause, „hier fühle ich mich wohl. In Finnland bin ich nur zwei, drei Mal pro Jahr.“

Räikkönen ist auch für seine Eskapaden bekannt. In der Saison 2012 soll er zwischen den Rennen in Bahrain und Spanien fast durchgehend betrunken gewesen sein, so steht es in der von ihm autorisierten Biografie „Der unbekannte Kimi Räikkönen“. Sein Funkspruch an die Lotus-Box bei seinem Sieg in Abu Dhabi 2012 ist längst legendär: „Lasst mich in Ruhe, ich weiß, was ich tue.“

Dabei würde Motocross-Liebhaber Räikkönen das Rennfahren nie als seine Sucht bezeichnen. „Das Fahren von Rennen beansprucht zwar am meisten Zeit in meinem Leben, aber es ist nicht das Wichtigste, und das war es noch nie. Das alltägliche Leben ist mir viel mehr wert, jenseits von Siegen oder siebenten Plätzen“, sagte der älteste Fahrer im Feld.

Eine erfrischende Distanz hat Räikkönen auch zum greifbaren Rekord als Pilot mit den meisten Starts in der Motorsport-Königsklasse. Nur noch 14 Grand Prix fehlen ihm auf Rekordhalter Rubens Barrichello (322). Diese Bestmarke interessiere ihn „überhaupt nicht“, meinte Räikkönen. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2019)

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