Kritik

Mit Gryphius in die Hölle, mit Hölderlin in Irrgärten

„Visionen“ im Konzerthaus: die Company of Music mit zeitgenössischen A-cappella-Stücken.

Mit dem Programm „Visionen“ begann die Company of Music unter Johannes Hiemetsberger ihren neuen Konzerthaus-Zyklus – und erneut bewies das Ensemble dabei, dass es keinerlei Herausforderungen in der zeitgenössischen A-cappella-Literatur scheut. Sei es im kargen, weit ausschwingenden Sologesang, den Sofia Gubaidulina auf ein paar Zeilen Hildegard von Bingens geschrieben hat, sei es bei den (fast) makellos im Nichts zwischen Tonalität und Atonalität schwebenden, 16-stimmigen Klangballungen von György Ligetis Cluster-Klassiker „Lux aeterna“, bei dem der penible Hiemetsberger dankenswerterweise auch die sieben Takte Stille am Schluss zart ausdirigiert.

Dazu Überraschungen und Neuigkeiten aus jüngerer Zeit. Bernd Frankes „And why?“ nach dem 116. Psalm zum Beispiel: Mehrfach löst sich das Solistenquintett auf, alle irren auf eigenen Wegen über das Podium und bleiben dabei in ihren Einzelstimmen stecken, die sich für den Hörer zu aleatorischem Kontrapunkt verheddern. Oder die Uraufführung von Akos Banlakys Gryphius-Vertonung „Die Hölle“. In seine breite, auf Kontraste zielende Palette von Satztechniken integriert der Komponist sowohl perkussive Konsonanten, Sprechen und Summen als auch beinah schmissige Ostinato-Rhythmen. Damit malt er ein Bild des Heulens und Zähneknirschens – doch am Schluss, nach einem geflüsterten „Angst!“ in der Tiefe, schwebt eine wortlose Tröstung in lichten Höhen . . .

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.