US-Präsident Donald Trump will Recep Tayyip Erdoğan nicht grünes Licht im Syrien-Konflikt gegeben haben. Bei einem Treffen mit Spitzenvertretern der Demokraten zu dem Thema kam es zu einem Eklat.
US-Präsident Donald Trump steht weiterhin heftig in der Kritik - für die Entscheidung, US-Soldaten aus Nordsyrien abzuziehen. Damit hat er den Weg für die türkische Offensive gegen die Kurden in Nordsyrien freigemacht. Trump wird unter anderem vorgeworfen, die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) verraten und die Gefahr einer Neugruppierung der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) heraufbeschworen zu haben.
Die YPG und die US-Truppen hatten in den vergangenen Jahren gemeinsam erfolgreich den IS bekämpft. Inzwischen redet Trump aber schlecht über die kurdischen Kämpfer. Diese seien "keine Engel", sagte er am Mittwoch.
US-Präsident Donald Trump weist Verantwortung zurück
Trump selbst weist die Vorwürfe zurück und argumentiert, er wolle die US-Soldaten aus den "endlosen Kriegen" zurückholen. In einer Pressekonferenz am Mittwoch erwähnte er einen Brief, den er an Erdoğan geschrieben hätte. Er, Trump, habe Ankara keineswegs grünes Licht für die Militäraktion gegeben, sondern dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan vielmehr eine harte Ansage gemacht.
Der eigenwillige Brief wurde von vom US-Sender Fox News am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlicht, auch andere US-amerikanische Medien erklärten das Schreiben für echt.
Datiert ist der Brief auf den 9. Oktober - also jenen Tag, an dem die Türkei mit ihrer hoch umstrittenen Militäroffensive gegen Kurdenmilizen in Nordsyrien begann. Trump ermahnt Erdoğan darin, er wolle sicher nicht für den Tod tausender Menschen verantwortlich sein. Andernfalls werde die US-Regierung die türkische Wirtschaft zerstören. Die kurdische Seite sei zu Verhandlungen bereit, schreibt Trump demnach weiter. "Sie können ein großartiges Abkommen schließen."
Erdoğan könne auf positive Weise in die Geschichte eingehen, wenn er in dem Konflikt richtig und menschlich handle. Andernfalls werde er als Teufel in die Geschichte eingehen. "Seien Sie kein harter Kerl. Seien Sie kein Narr!", appelliert er an seinen türkischen Amtskollegen. Der Brief endet mit den Worten: "Ich werde Sie später anrufen."
Donald Trump soll Nancy Pelosi beschimpft haben
Gleichzeitig teilte Trump am Mittwoch einmal mehr mit, die Amerikaner hätten seiner Meinung nach keinerlei militärische Verantwortung in dem Konflikt. "Zwei Staaten kämpfen um Land, das nichts mit uns zu tun hat", sagte er am Mittwoch im Weißen Haus. "Es ist nicht unsere Grenze, wir sollten darüber keine Leben verlieren." Trump betonte, die USA seien bemüht, in dem Konflikt zu vermitteln. Mit Sanktionen und Zöllen sei mehr zu erreichen als mit militärischer Macht.
Für seine Linie wird Trump auch von seinen Republikanern heftig kritisiert, vor allem aber auch von der Opposition. Bei einem Treffen zwischen Trump und den Oppositionschefs kam es zu einem Eklat: Die Spitzenvertreter der Demokraten brachen am Mittwoch das Gespräch mit Trump abrupt ab und verließen das Weiße Haus, nachdem Trump die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, persönlich attackiert hatte.
Trump habe eine "üble Tirade" losgelassen und Pelosi als "drittklassige Politikerin" beschimpft, sagte der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer. Pelosi selbst sprach von einem "Ausraster" des Präsidenten. Andere Parlamentarier sowohl von Demokraten als auch Trumps Republikanern blieben laut Schumer jedoch in der Sitzung mit dem Präsidenten. Schumer teilte auch mit, er habe den Präsidenten nach seinem Plan zur Bekämpfung der IS-Jihadisten gefragt: "Er hatte tatsächlich keinen."
Verhältnis zu Opposition hat sich weiter verschlechtert
Der Eklat zeigt, wie dramatisch sich das Verhältnis zwischen dem Präsidenten und der Opposition zuletzt weiter verschlechtert hat. Hintergrund ist allerdings nicht nur die Syrienpolitik des Präsidenten. Sondern auch die von den Demokraten im Repräsentantenhaus geführte Untersuchung zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Darin geht es um die Versuche Trumps, sich aus der Ukraine möglicherweise kompromittierendes Material über Ex-Vizepräsident Joe Biden zu beschaffen, der Trumps Herausforderer bei der Wahl im November 2020 werden könnte.
Vizepräsident Mike Pence will vermitteln
US-Vizepräsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo wollen am Donnerstag in Ankara im Nordsyrien-Konflikt zwischen der Türkei und Kurdenmilizen vermitteln. Pence brach am Mittwochabend (Ortszeit) von Washington in Richtung Ankara auf. Am Donnerstag ist ein Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geplant.
(APA)