Die Gespräche von US-Vizepräsident Pence mit dem türkischen Staatschef Erdoğan brachten überraschend eine Einigung auf eine Waffenruhe. Ob sich allerdings die Kurdenmiliz YPG aus Nordsyrien zurückziehen wird, ist ungewiss.
Istanbul. Die Ankündigung kam dann doch ziemlich überraschend: Nach vierstündigen Gesprächen mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan erklärte US-Vizepräsident Mike Pence, dass man sich auf eine 120stündige Waffenruhe in Nordsyrien geeinigt habe. Überraschend, weil Erdoğan zuvor groß verkündet hatte, dass sein Feldzug in Nordsyrien nicht gestoppt würde, bis die „Terroristen“ von der Kurdenmiliz YPG in der Grenzregion ausgeschaltet seien. Am Donnerstagabend verkündete Pence, dass die YPG-Kämpfer während der 120stündigen Waffenruhe aus Nordsyrien abziehen müssten; dann werde der türkische Einsatz enden.
Ob die kurdischen Volksverteidigungskräfte das auch tun würden, sagte Pence nicht, sie waren in die Verhandlungen ja auch nicht einbezogen.
Dennoch glaubt Pence, dass mit seiner Vereinbarung mit Erdogan eine friedliche Beilegung des türkisch-kurdischen Konfliktes möglich sei, weil mit dem Abzug der YPG aus der Sicherheitszone ein Hauptziel der Forderungen Ankaras erfüllt sei. Aber erfüllt wären damit nur die Forderungen der türkischen Seite: Die Kurden empfinden es als schweren Verrat, dass US-Präsident Donald Trump dem türkischen Staatschef praktisch ohne irgendeine Vorwarnung grünes Licht für eine Losschlagen gegen die YPG gegeben hat. Inzwischen sind 200.000 Menschen in der Konfliktregion auf der Flucht, die Alarmsirenen, dass inhaftierte Kämpfer des Islamischen Staates angesichts der Wirren des Krieges aus ihren Gefangenenlagern entkommen könnten, schrillen überlaut.