Mein Freitag

Die vielen Rabatte machen das Leben teuer

Die wenigsten interessieren sich für die Einkäufe der anderen, sie schauen auf ihr Handy oder entnervt in der Gegend herum und hoffen, dass irgendeiner, der meist recht unsympathisch ist, alle mit dem Ruf nach einer zweiten Kasse befreit, ohne selbst derjenige sein zu wollen.

Wer aber genau hinschaut, auf die Dinge auf dem Kassenband, der kann Einblicke in fremde Leben erhaschen. Und glaubt dann etwa zu wissen: Der da wohnt allein, und der davor kocht selbst. Die eine ist sparsam (Rabattpickerln sorgfältig aufgeklebt), die dahinter hat kleine Kinder (Fruchtzwerge), die andere große (Fertigpizzen). Und die da drüben feiern eine Party (Bierpaletten).

Die Einführung der Selbstbedienungskassen hat diese Momente der Verbundenheit mit Fremden reduziert, dafür jene der Begegnung mit Angestellten intensiviert. Abgesehen davon, dass das selbstständige Scannen der Barcodes noch recht ungelenk von der Hand geht, ist die Fehlerquote hoch, irgendetwas ist schnell verschusselt, und dann muss jemand rettend eingreifen, weil nichts mehr geht.

Es folgen interessante Szenen: Manchen ist es furchtbar peinlich, etwas falsch gemacht zu haben und alle aufzuhalten. Andere sind genervt und verfluchen die Technik. Es gab schon einmal einen, der die Fassung verlor, seine Einkäufe einfach zurückließ und wortlos ging. Die Schlange vor der (einen) persönlich betreuten Kasse ist seitdem jedenfalls wieder länger geworden, und keiner ruft mehr nach einer zweiten.

Millionen an Kunden wollen dafür überall ständig Rabatte einlösen, und man denkt an die Geschichte von Michael Niavarani, als er von seinem Vater erzählt und der „global-iranischen Katastrophe“ des Teppichhandels: Grundsätzlich stehe auf der Scheibe jedes Teppichgeschäfts „Ausverkauf“ (oder „Wasserschaden“ oder „Geschäftsauflösung“). Wo minus 70 Prozent draufsteht, ist also immer ein Perserteppich drin. Es gibt acht zum Preis von drei. Alles andere wäre kein Geschäft.

E-Mails an:friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2019)

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