"Separatistischer" Generalstreik legt Barcelona lahm

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Mehrere Flüge nach Barcelona wurden gestrichen, Sagrada Familia wurde geschlossen. Bei neuen Protesten aktivistischer Demonstranten wurden mindestens elf Menschen festgenommen.

In Katalonien herrscht am Freitag nahezu der Ausnahmezustand. Mit einem Generalstreik und Demonstration wollten Separatisten Barcelona lahm legen. In Barcelona wurden auch Tausende Teilnehmer zu "Märschen für die Freiheit" erwartet, die sich in den vergangenen Tagen in fünf Städten der Region auf den Weg dorthin gemacht hatten. Wegen der Proteste wurde die Kathedrale Sagrada Familia geschlossen.

Am Flughafen von Barcelona wurden mehrere Dutzend Flüge vor allem der Gesellschaften Iberia und Vueling gestrichen. Die Flugverbindungen nach Wien sind jedoch derzeit nicht betroffen, wie der Flughafen Wien der APA auf Anfrage mitteilte.

Viele Passagiere seien vorsorglich fünf bis sechs Stunden vor ihrem Flug zum Airport El Prat gekommen, berichtete das spanische Fernsehen. Auch Hafenarbeiter und Angestellte des Autobauers Seat legten die Arbeit nieder; die große katalanische Supermarktkette Bonpreu blieb ebenfalls geschlossen.

Der Zugverkehr verlief zunächst normal, allerdings seien die Sicherheitskräfte etwa am Hauptbahnhof von Barcelona verstärkt worden, hieß es. Demonstranten blockierten schon in der Früh mehrere Straßen der abtrünnigen Region. Im Laufe des Tages wurde mit weiteren Demonstrationen und Protestaktionen gerechnet.

Zuvor war es  die vierte Nacht in Folge zu Ausschreitungen gekommen. Mindestens elf Menschen seien festgenommen worden, teilte die Polizei der nordostspanischen Region in der Nacht zum Freitag auf Twitter mit.

Es habe rund ein Dutzend Verletzte gegeben, berichteten örtliche Medien unter Berufung auf die Notdienste. Wegen der Unruhen habe die spanische Fußball-Liga die Verschiebung des für den 26. Oktober geplanten Spitzenspiels zwischen dem FC Barcelona und Real Madrid beschlossen, hieß es zudem.

Straßenschlachten mit Steinen und Böllern

Die heftigsten Zusammenstöße gab es in der Regionalhauptstadt Barcelona. Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung setzten im Zentrum unter anderem Müllcontainer sowie Tische und Stühle von Straßencafés in Brand. Außerdem seien eine Bankfiliale und ein Bekleidungsgeschäft verwüstet worden, teilte die Polizei mit.

Vereinzelt kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Beamten seien erneut mit Steinen und Böllern angegriffen worden und hätten ihrerseits Schaumgeschoße eingesetzt, hieß es in Medienberichten.

Verhindern konnte die Polizei Zusammenstöße zwischen den Separatisten, die nach Unabhängigkeit für die wirtschaftlich starke Region im Nordosten Spaniens streben, und Rechtsradikalen, die eine Gegenkundgebung veranstalteten. Nach Schätzungen des spanischen Fernsehens waren auch nach Mitternacht in Barcelona noch viele Tausend Unabhängigkeitsbefürworter unterwegs. Demonstrationen gab es am Donnerstag auch in anderen katalanischen Städten wie Girona und Lleida.

Die Proteste hatten nach der Verurteilung von neun Separatistenführern zu langjährigen Haftstrafen begonnen. Wegen des gerichtlich für illegal erklärten Abspaltungsreferendums von Oktober 2017 hatte das Oberste Gericht in Madrid am Montag sieben ehemalige katalanische Spitzenpolitiker und zwei Anführer ziviler Organisationen schuldig gesprochen. Die Höchststrafe bekam der Ex-Vizeregionalchef Oriol Junqueras mit 13 Jahren Freiheitsentzug.

„Das muss sofort aufhören“ 

Der separatistische Regionalpräsident Quim Torra hatte die Gewalt in der Nacht zum Donnerstag erstmals kritisiert. "Das muss sofort aufhören. Es gibt weder einen Grund oder eine Rechtfertigung dafür, Autos in Brand zu stecken, noch für andere vandalische Aktionen", sagte er in einer vom Fernsehen übertragenen Erklärung.

Die sozialistische Zentralregierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez weist unterdessen die Forderungen konservativer Kräfte zurück, Katalonien erneut unter Zwangsverwaltung zu stellen, wie es schon nach dem Unabhängigkeitsreferendum vom Herbst 2017 geschehen war.

Der spanische Fußball-Verband RFEF habe dem FC Barcelona und Real Madrid den 18. Dezember als neuen Termin für den "Clásico" vorgeschlagen, hieß es in Medienberichten. Zuvor hatte auch die spanische Regierung eine Verschiebung des Spiels empfohlen, das eigentlich am 26. Oktober in Barcelona stattfinden sollte. An dem Tag ist in der Stadt eine Großdemo der Separatisten geplant.

Die beiden Clubs seien mit dem neuem Austragungstermin einverstanden, berichteten Medien wie die Zeitungen "As" und "Marca". Die Profi-Liga sei aber dagegen, den "Clásico" an einem Mittwoch austragen zu lassen - offenbar weil Einbußen bei den TV-Einnahmen befürchtet werden. Der Verband habe alle Parteien dazu aufgefordert, sich bis Montag auf einen neuen Termin zu einigen, hieß es.

(APA)

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