Klima und Kultur

Welt im Wandel

Kreativität statt Krisenstimmung: Diesem Motto folgen Kulturschaffende, wenn sie Klimawandel oder Artensterben zum Thema machen und so in ihrem Wirkungsfeld neues Bewusstsein schaffen.

Natur, die nicht bloß eine ausgebeutete Ressource ist. Eine Umweltkrise, die zur Chance auf eine nachhaltigere, gerechtere Welt umdefiniert wird: Utopien, die es bisher nur in Geschichten gibt. Erzählungen dieser Art braucht es allerdings dringend, meint Philipp Weiss: Literatur berührt, regt die Vorstellungskraft an, also könne sie auch zum notwendigen Handeln motivieren. Erzählen ist freilich das Metier des Wiener Autors. Welche Geschichten haben wir, um die Welt zu erklären, welche brauchen wir, um uns die Zukunft als wünschenswert vorzustellen? „Meine Grundthese ist, dass wir für die Komplexität der heutigen Welt keine Sprache mehr haben. Aber was wir nicht erzählen können, können wir nicht verändern.“ Gerade beim ­abstrakten Klima sei die Sprache – die Benennung dessen, was möglich ist – ein Knackpunkt. Und so betrachtet Weiss es als seine moralische Pflicht, als Schriftsteller auf die ökologische Krise zu reagieren.

Sechs Jahre hat sich Weiss – „unzeitgemäß“ in unserer schnelllebigen Zeit – zurückgezogen, um an Themen der Weltgeschichte zu schreiben, die ihn seit geraumer Zeit beschäftigen. Recherche­reisen, Gespräche mit Forschern, auch ein Residence-Programm am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung gehörten dazu. „Am Weltenrand sitzen die Menschen und lachen“ war das Ergebnis: Der über 1000 Seiten und fünf Bände umfassende Roman erschien vorigen Herbst, wurde zuletzt mit dem Rauriser Literaturpreis ausgezeichnet. Ausgehend von der Katastrophe in Fukushima verknüpft Weiss darin Handlungsstränge von ferner Zeit bis heute, fragt, wie es zu einem Weltzustand kam, der außer Kontrolle geraten ist. Im Anthropozän, unserem technisierten Zeitalter, wähnt sich der Mensch keineswegs am Rand der Welt. „Der Gipfel der Schöpfung zu sein ist eine der Geschichten, die sich die Menschheit schon lange erzählt. Aber dazu gibt es eine große Gegenerzählung der Wissenschaft“, sagt Weiss. „Der Mensch ist eine Spezies unter Millionen, und als solche müsste er sich begreifen.“

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