Trotz Verbots werden die Verleihroller zwischen Autos geparkt, auf den Gehsteigen abgestellt und werden immer mehr zur Stolperfalle. Die Wiener Stadtregierung will jetzt nachschärfen.
Wien. Mit der Novellierung der Straßenverkehrsordnung im Juni dieses Jahres kamen auch neue Regeln für E-Scooter-Fahrer. Die Bestimmungen gelten nun österreichweit. Im Prinzip wurden die E-Scooter mit Fahrrädern gleichgestellt. Das Thema ist damit aber längst nicht vom Tisch.
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sieht weiteren Handlungsbedarf und lädt die E-Scooter-Betreiber zu einem Gipfel ins Rathaus. Mit acht Betreibern und knapp 8300 E-Scootern in Wien wird der Ruf nach strengeren Regeln lauter. Vor allem das Abstellen der Roller soll künftig Regeln unterliegen.
Der Behindertenverein Bizeps veröffentlichte Erfahrungen von Rollstuhlfahrern und blinden Menschen. Demnach werden die E-Scooter wahllos abgestellt. Gehsteige werden dadurch für Rollstuhlfahrer zunehmend unbenutzbar. Blindenleitstreifen werden ebenfalls zur Stolperfalle.
Die Betroffenen schlagen vor, dass es eine Limitierung der E-Scooter in Wien gibt und dass Gebiete definiert werden, in denen E-Scooter nicht geparkt werden dürfen: „Wir hoffen, dass in Zukunft E-Scooter so in ein Mobilitätskonzept der Stadt Wien eingebaut werden, dass ein nicht behinderndes Miteinander möglich ist“, heißt es abschließend in dem Forderungskatalog.
Parkverbotszonen sieht Daniel Fuchs-Bauer, Pressesprecher des Anbieters Tier, kritisch. „Definiert man Parkzonen, führt man das Free-Floating-Prinzip ad absurdum“, betont Fuchs-Bauer. „Wir haben am ,Tag des weißen Stockes‘ zum Beispiel mit einer eigenen Kampagne unsere Kunde darauf aufmerksam gemacht, dass Scooter nicht auf den Leitlinien für Blinde stehen gelassen werden dürfen“, führt er aus.
„Graffelwerk“ auf der Straße
Aktuell dürfen seit der jüngsten Novellierung E-Scooter nur auf dem Gehsteig abgestellt werden, wenn dieser mindestens 2,5 Meter breit ist. Praktisch wird diese Regel in den meisten Fällen nicht befolgt. In letzter Instanz sind hier die Betreiber gefragt. Diese müssen unrechtmäßig abgestellte Geräte abholen. Wiener haben die Möglichkeit in der kostenlosen App „Sag's Wien“, falsch abgestellte E-Scooter zu melden, aber auch die Flottenbetreiber bieten in ihren Apps eine Meldeoption. Das setzt aber voraus, dass man die jeweilige Anwendung auf dem Smartphone installiert hat.
Indes versucht Wiens Stadtregierung des Problems anders Herr zu werden. „Ich bin dabei, mit allen Ressorts und Abteilungen Lösungen zu finden“, erklärt Bürgermeister Ludwig. Auch die Betreiber seien in die Lösungsfindung eingebunden. Bestehende Regeln müssten nachgeschärft werden, betont Ludwig. Diese sollen gemeinsam mit der Polizei verstärkt kontrolliert werden. „Sie können ihr sonstiges Graffelwerk ja auch nicht auf der Straße abstellen“, gab Ludwig zu bedenken. (bagre)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2019)