Herbstlohnrunde

Der Handel will fast so viel wie die Metaller

 Nach den Metallern startet am Dienstag der Handel in die Lohnverhandlungen.
Nach den Metallern startet am Dienstag der Handel in die Lohnverhandlungen. (c) REUTERS (Leonhard Foeger)
  • Drucken

Nächste Woche startet die Lohnrunde für den Handel.

Wien. Nach den Metallern startet am Dienstag der Handel in die Lohnverhandlungen. Es herrscht jetzt schon dicke Luft. Der Grund: Die Gewerkschaft hat – zum ersten Mal – schon im Vorfeld ihre Forderungen kommuniziert. Über die Medien. Sie verlangt eine Lohnerhöhung von 100 Euro für alle Beschäftigten auf Vollzeitbasis, Teilzeitbeschäftigte sollen eine aliquote Erhöhung bekommen. Im Durchschnitt entspräche das einem Plus von 4,4 Prozent. Das ist nicht ohne: Die Metaller, die in der Regel höher abschließen, fordern 4,5 Prozent. Es bleibt aber nicht bei den Gehaltsforderungen. Die Gewerkschaft will drei zusätzliche Urlaubstage pro Beschäftigtem und 130 Euro „Schulstartgeld“ für jeden Lehrling.

Die Arbeitgeber finden die Forderungen überzogen. „Allein die drei zusätzlichen Tage Freizeit bedeuten für die Branche mehr als 150 Mio. Euro zusätzliche Belastung im Jahr“, sagt Peter Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer, zur „Presse“. Der größte Zankapfel ist aber ein anderer – nämlich dass die Gewerkschaft ihre Forderungen über die Medien „ausgerichtet“ und nicht, wie üblich, direkt in der ersten Verhandlungsrunde kommuniziert hat. „Das geht überhaupt nicht“, sagt Buchmüller.

„Belastung steigt“

Dem Handel gehe es auch nicht so gut, wie es die Gewerkschaft darstelle. Die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) zitiert Zahlen der Statistik Austria, laut denen der Handel im Jahr 2018 ein Plus beim Umsatz von 3,7 Prozent verzeichnet habe. Laut Buchmüller habe es aber im ersten Halbjahr 2019 nur ein Prozent Wachstum gegeben. Nach Abzug der Inflation sei das „ein reales Minus“.

Anita Palkovich von der GPA untermauert im Gespräch mit der „Presse“ ihre Forderung und begründet sie mit der steigenden Arbeitsbelastung in der Branche, die rund 548.000 Menschen beschäftigt. „Die Betriebsräte melden seit Längerem zurück, dass die Personaldecken sehr knapp bemessen sind und dass das immer ärger wird.“ Für die unteren Einkommen würden 100 Euro eine Gehaltserhöhung von mehr als sechs Prozent bedeuten. „Niemand möchte mit Existenzsorgen ins Bett gehen.“ (hie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

METALLER-KV - EINIGUNG IN FUeNFTER RUNDE: WIMMER/DUeRTSCHER
Österreich

Wifo-Experte: Lohnabschluss der Metaller bringt "deutliches reales Plus"

Eine noch höhere Lohnerhöhung sei durch den schnellen Abschluss, den beide Seiten wollte, nicht zustande gekommen, sagt Thomas Leoni vom Wifo.
Die Arbeitnehmer-Vertreter bei den Metaller-Verhandlungen: Rainer Wimmer und Johann Forstner.
Kommentar

Ein Hoch auf den vernünftigen Kompromiss

Der Kompromiss hat in Zeiten, in denen die politischen Lager stärker auseinander driften, oft keinen guten Ruf. Die diesjährige Lohnrunde der Metaller zeigt aber, dass vernünftige Lösungen der Mitte durchaus erstrebenswert sind.
Am 23. September hatten die Lohnverhandlungen begonnen.
Österreich

"Fairer Abschluss": Metaller erhalten durchschnittlich 2,7 Prozent mehr

In der fünften Runde der Kollektivvertragsverhandlungen gab es am Montagabend überraschend den Durchbruch. Löhne und Gehälter werden zwischen 2,6 und 2,8 Prozent erhöht, der Mindestlohn steigt auf 2000 Euro.
Der niederösterreichische Anlagenbauer Maplan hat seine 150 Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt.
Standort

Lieber Streiks als zu hohe Löhne?

Just während der Metaller-Lohnrunde feiert die Kurzarbeit ein (kleines) Comeback. Unternehmer fürchten deshalb Streiks weniger als eine überzogene Lohnerhöhung.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.