Berufliche Weiterbildung. Aller Anfang ist schwer – das würden viele professionelle Texter unterschreiben. Doch mit den richtigen Werkzeugen klappt's auch mit der Geschichte.
So mancher, der fachlich durchaus kompetent ist, hat Probleme, sich im beruflichen Umfeld schriftlich adäquat auszudrücken. „Vielfach sind es falsch gelernte Schreibstrategien, die aus dem Schulsystem kommen“, sagt Judith Wolfsberger. Die Leiterin des writers'studios weiß, dass viele davon ausgehen, dass jeder Text sofort richtig sein muss. „Viele wissen einfach nicht, dass das Verfassen von Texten ein Prozess ist.“ Für Angestellte im Bereich Marketing oder PR, für Unternehmer, Selbstständige und Führungskräfte bietet das writers'studio den Lehrgang „Schreibkompetenz fürs Business“ an, der modular aufgebaut und in drei Schwerpunkte gegliedert ist: Marketingtexte, PR-Texte oder Ideenentwicklung. Er dauert sechs oder zwölf Monate, je nachdem, wie viele der auch einzeln buchbaren Module man im Terminkalender unterbringt.
„Wer beruflich schreibt, muss sich auf die verschiedenen Textsorten einstellen können“, sagt Christine Hollosi-Boiger, Schreibtrainerin und -beraterin. Den Schreibprozess würden viele Menschen als komplex empfinden, auch als anstrengend. „Das fachliche Wissen in eine andere Welt zu transferieren, ist für viele eine Herausforderung.“ Hollosi-Boiger hat ein Textmanagement-System namens Temasys entwickelt, zu dem sie auch Workshops anbietet. Es steht auf vier Säulen: Textwissen, Schreibtechniken, Schreibprozess und Beispiele.
Ansprüche gestiegen
Diese Werkzeuge würden in Social Media-Zeiten immer wichtiger: „Texte ringen um Aufmerksamkeit, müssen immer öfter kurz, knackig und schnell erfassbar sein. Das hebt den Anspruch.“ Schreiben im Web ist deshalb eines ihrer Themen, darüber hinaus professionelle Protokolle sowie Berichte und Langtexte. Auch eine Feedbackgruppe für berufliche Texte gibt es.
Manchen Schreibern sei gar nicht bewusst, dass sie in einem Arbeitsgang mehrere Schritte gleichzeitig erledigen wollen, sagt Schreibtrainerin Michaela Muschitz, Inhaberin von Lighthouse Coaching & Communication: „Während sie krampfhaft nach der perfekten Formulierung suchen, sammeln sie die notwendigen Inhalte und versuchen die richtige Reihenfolge zu finden. Das sind drei Schritte auf einmal.“ Durch die elektronische Kommunikation und Social Media werde mehr als früher über Text verkauft. „Sich schriftlich gut ausdrücken können und auf den Punkt zu kommen, hat sich daher zu einer Schlüsselkompetenz entwickelt“, sagt Muschitz, Es gehe nicht nur darum, ohne Rechtschreibfehler zu schreiben, sondern das eigene Know-how in prägnanten Texten zu zeigen und für andere nutzbar zu machen.
Dafür ist es wichtig, dass man eine Vorstellung vom lesenden Gegenüber hat. „Gute Texte entstehen, wenn die Schreiber die Perspektive wechseln und sich in ihre Leser hineinversetzen. Es gelte also, immer seine Zielgruppe im Auge zu behalten und sich zu fragen: Wie kann ich sie abholen und was braucht sie, damit sie mir gedanklich folgen kann?“, erklärt Huberta Weigl, Schreibcoach und Gründerin der Schreibwerkstatt. „Dieses Schnell-schnell, vor allem in der virtuellen Kommunikation, führt dazu, dass Texte einfach hingefetzt werden. Es fehlen oft die Sorgfalt und die Bereitschaft, einen Text nach dem Schreiben noch sprachlich zu polieren. Dabei geht das auch bei kurzen und sehr kurzen Nachrichten“, sagt Weigl.
Zeichen von Höflichkeit
Sorgfalt im Texten sei auch deshalb obligatorisch, weil man dadurch Höflichkeit und Respekt gegenüber den Empfängern ausdrücke. Im Mittelpunkt von Weigls Seminaren und Online-Coachings steht das Überarbeiten von Texten. Das umfasst beispielsweise das Entwirren von Schachtelsätzen oder das Entrümpeln von Floskeln. „Das ist die Phase im Schreibprozess, die meist zu kurz kommt.“ (cd)
Web:www.schreibwerkstatt.co.at
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2019)