Walk of Häme

Captain Austria

Oder: Warum die Koalitionsverhandlungen nicht ohne Superhelden auskommen.

Superhelden wohin man auch schaut. Gerade ist der aktuelle Batman-Streifen „Joker“ mit Joaquin Phoenix als Clown, der keinen gefrühstückt hat, in den Kinos angelaufen, wird auch schon der nächste Streich angekündigt: Diesmal spielt Paul Dano (bekannt aus „Little Miss Sunshine“, „There Will Be Blood“ und „12 Years A Slave“) den nervigen Batman-Gegenspieler Riddler. Nachdem Phoenix versucht hat, Heath Ledger als Joker vergessen zu machen, legt sich nun Dano mit Alt-Riddler Jim Carrey an. Man fragt sich allerdings schon ganz grundsätzlich, worin eigentlich die Faszination eines Genres liegt, in dem es nur darum geht, wer stärker ist, das aber von vornherein schon feststeht.

Nun hat neulich Boris Johnson ja auch einen Superhelden bemüht: „The madder Hulk gets, the stronger Hulk gets“, hat der britische Premierminister gesagt und damit wohl sich selbst gemeint. Damals wurde noch über den ziemlich größenwahnsinnigen Vergleich gelacht, inzwischen ist man nicht mehr so sicher, ob das nicht gestimmt hat, irgendwie. Es lacht jedenfalls keiner mehr.

In der österreichischen Innenpolitik, einer normalerweise verlässlich superheldenfreien Sphäre, verlässt man sich zumindest auf eine Art Avengers-Inszenierung beim Einlauf der Sondierungsteams der verschiedenen Parteien im Finanzministerium. Wer aber Iron Man, Black Widow, Thor, Captain Austria, Hawkeye und was es da sonst noch so gibt ist, wollen wir uns nicht überlegen. Und Hulk ist schon in London beschäftigt.

Grünen-Chef Werner Kogler setzt auch in bürgerlicher Hemdfasson auf hemdsärmelige Attacken: Die Türkisen von Sebastian Kurz strahlen etwas aus wie der ehemalige FPÖ-/ dann ÖVP-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Da aber viele Junge mit Grasser nichts mehr anfangen könnten, habe er den Begriff Schnöseltruppe für das Kurz-Team gewählt. Wir sind allerdings auch nicht ganz sicher, ob die Jungen so viel mehr mit dem Begriff Schnösel anfangen können, der doch eher aus einer Zeit zu kommen scheint, als die Türkisen noch pechrabenschwarz sein wollten.

Egal, was da noch in den nächsten Wochen auf dem Weg zu einer neuen Regierung kommen wird, legen wir uns schon heute fest: Die Art wie Kogler seit dem Wahlabend das Wort Agenda ausspricht, wird schwer zu toppen sein. Lässig, hätten wir da früher gesagt.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2019)

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