Am Herd

Die Stimmung Pubertierender schwankt

Das kann man nutzen. Man schnappt sie sich, wenn sie gut gelaunt sind und verbringt mit ihnen ein paar fröhliche Stunden. Oder Minuten.

Zunächst einmal möchte ich mich bedanken. Als erstes bei einer Kollegin. Sie hat Kinder, die ein paar Jahre älter sind als meine, und sie hat mir damals gesagt, dass Pubertierende sich nicht zwangsläufig zu türenknallenden, auf Partys randalierenden Monstern entwickeln müssen. Ich fand das beruhigend. Der andere ist ein Psychologe, den ich am Rande eines Symposiums kennengelernt habe und der mir dringend davon abgeraten hat, an zornigen Teenagern herumzuerziehen. Hier gelte: Man müsse das Eisen schmieden, wenn es kalt ist. Und nicht verzweifeln. Auf keinen Fall verzweifeln. Das fand ich hilfreich.

Mittlerweile ist meine Ältere der Pubertät entwachsen, die Jüngere ist auch schon 16, ich kann also eine vorläufige Bilanz ziehen.

Der süße Brei. Erstens: Pubertierende reden wenig. Sie kommen heim, kicken den Schulrucksack ins Eck des Vorzimmers, wo er dann liegen bleibt, als gäbe es keine Hausaufgaben, sie machen sich einen Avocadotoast mit Ei und wenn man sie anspricht und wissen will, wie ihr Tag denn so war, sagen sie: „Jetzt nicht.“ Wobei sie oft auch gar nicht antworten, weil sie nämlich neben dem Kochen so laut Billie Eilish aufgedreht haben, dass man die Lyrics noch zwei Zimmer weiter versteht.

Pubertierende sind unglücklich. Viel unglücklicher als früher, als sie einem zerbrochenen Twinni nachweinten oder sich über ein fehlendes Sternderl unter den Hausaufgaben ärgerten. Dagegen kann man nix machen, was will man auch tun gegen gemeine Freundinnen oder Liebeskummer? Nix. Man hört zu und fühlt sich machtlos.

Sie sind schlampig. Wenn man nicht aufpasst, bleibt die Schlamperei nicht in ihrem Zimmer, sondern breitet sich aus wie der süße Brei im Märchen.

Und Pubertierende haben Stimmungsschwankungen. Das kann man ausnutzen. Man schnappt sie sich, wenn sie gut gelaunt sind und verbringt mit ihnen ein paar fröhliche Stunden. Oder Minuten. Je nachdem.

Alkopops und Schlafentzug. Ansonsten habe ich viel geredet. Ich habe Marlene erklärt, wie wichtig Schlaf ist, habe Hannah gebeten, sich einmal die Zutatenliste von Cola anzuschauen, habe vor Zigaretten gewarnt, vor Alkopops und davor, im letzten Moment für die Schularbeit zu lernen. Sie haben sich daran gehalten. Oder nicht. Wenn nicht, habe ich einfach noch mehr geredet.

Tatsächlich haben mein Mann und ich die Kinder im Wesentlichen machen lassen, was sie wollten. Ich weiß nicht, ob das generell ein gutes Rezept ist, wir hatten wohl auch Glück – sie wollten eigentlich nie was Schlimmes.

Verzweifelt bin ich jedenfalls nie.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2019)

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