Politstreit: „Gruppensteuer bringt wenig“

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Politstreit bdquoGruppensteuer bringt wenigldquo(c) APA (GEORG HOCHMUTH)
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Österreichs Konzerne machen kaum Verluste von Auslandstöchtern geltend: Dem Staat entgingen bisher 450 Mio. Euro. Eine ersatzlose Streichung der Gruppenbesteuerung sei, laut Finanziministerium, nicht möglich.

Wien (APA).SPÖ und Grüne halten an ihren Forderungen nach einer Beschränkung der Gruppenbesteuerung und der Abschaffung der Firmenwertabschreibung (Steuerzuckerl bei Firmenübernahmen) fest, obwohl das weniger Geld bringen dürfte als angenommen. Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) verteidigt hingegen die bestehende Rechtslage. „Die Gruppenbesteuerung ist ein Standortfaktor, der viele Arbeitsplätze in Österreich erhalten hat oder nach Österreich gebracht hat“, ließ Pröll über einen Sprecher wissen. Im Fall einer Änderung würde etwa der Abzug der Osteuropazentrale der Bank-Austria-Mutter UniCredit aus Österreich drohen.

Pröll hat in einer Anfragebeantwortung an den grünen Abgeordneten Werner Kogler mitgeteilt, dass österreichische Konzerne bisher kaum Verluste von Auslandstöchtern steuerlich geltend gemacht haben. Die von der SPÖ genannten Einnahmen von 150 Mio. Euro pro Jahr durch eine Reform seien zu hoch angesetzt. Das meint auch der Finanzrechtler Werner Doralt, ein expliziter Kritiker der Gruppenbesteuerung.

Seit der Steuerreform 2005 können Konzerne die Verluste ihrer ausländischen Tochterfirmen in Österreich steuermindernd anrechnen. Die Verluste werden vom Konzerngewinn abgezogen, danach wird die Körperschaftsteuer (KöSt) berechnet. Bei einem Steuersatz von 25 Prozent liegt die maximale Steuerersparnis daher bei bis zu einem Viertel der zugerechneten Verluste der Töchter, vorausgesetzt, dass den Verlusten auch entsprechende Gewinne der Konzernmutter gegenüberstehen.

EU schreibt Verlustausgleich vor

In Einzelfällen war die Steuerersparnis beachtlich, wie Pröll anführte: Demnach hat sich 2005 eine Unternehmensgruppe 15 Mio. Euro an KöSt erspart, 2006 machte der größte Einzelfall 40 Mio. Euro aus, 2007 waren es 28 Mio. Euro. Den gesamten Steuerausfall seit 2005 beziffert das Finanzministerium mit 450 Mio. Euro.

Das Finanzministerium weist darauf hin, dass eine ersatzlose Streichung der Gruppenbesteuerung nicht möglich wäre. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von Ende 2005 muss zumindest ein Verlustausgleich innerhalb des EU-Raums möglich sein. Ganz gestrichen werden könnte nur die Berücksichtigung der Verluste von Töchtern in Drittstaaten. Wie hoch die sind, ist auch dem Finanzministerium unbekannt.

Der überwiegende Teil der österreichischen Konzernen zugerechneten Verluste ist im EU-Raum angefallen. In Summe haben sich heimische Konzerne von 2005 bis 2007 jährlich 3,1 bis 3,5 Mrd. Euro an Verlusten ihrer Töchter zurechnen lassen. Davon stammten 200 bis 400 Mio. Euro jährlich aus dem Ausland (inklusive EU-Staaten).

Doralt stellt bei der Gruppensteuer vor allem die Anrechnung von Verlusten in Nicht-EU-Staaten infrage, weil sie kaum kontrolliert werden könnten. Wichtiger ist aus Doralts Sicht die Abschaffung der Firmenwertabschreibung. Sie kostete 2007 rund 30 Mio. Euro.

Auf einen Blick

SPÖ und Grüne halten an ihrer Forderung zur Reform der Gruppenbesteuerung fest, obwohl sie nicht die erwarteten 150 Mio. Euro bringen dürfte. Bisher haben österreichische Konzerne kaum Verluste von Auslandstöchtern steuerlich geltend gemacht, heißt es im Finanzministerium.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2010)

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