Salzburg

Jazz & The City: Trommeln in hohlen Gassen

Die Salzburger staunten über Klangspaziergänge, bei denen Musiker im Gehen spielten.
Die Salzburger staunten über Klangspaziergänge, bei denen Musiker im Gehen spielten.(c) Henry Schulz/Jazz & The City
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Klangspaziergänge, Flüstertunnels, DJ-Sets im Museum: Das Festival Jazz & The City machte (fast) die ganze Stadt zum Instrument.

Die Tuba ist wohl der Bär in der Menagerie der Musikinstrumente: brummig, tapsig und doch gefährlich. Exakt so klang „When the Saints Go Marching In“, als letzte Nummer von Jazz & The City von einem anonymen Tubisten im Mirabellgarten dargeboten. Zum vierten Mal hat die Hamburgerin Tina Heine das fünftägige Festival kuratiert. Sie operiert zwar mit Strategien der Spektakelkultur, verschließt sich aber konsequent dem Kommerz. Mit dem Moderator und DJ Götz Bühler brachte sie einen alten Mitstreiter des von ihr mitbegründeten Hamburger Elbfestivals mit. Er brillierte etwa mit einem moderierten DJ-Set, benannt nach dem Gil-Scott-Heron-Stück „Whitey on the Moon“, das die kritische, zuweilen aber auch romantische afroamerikanische Sicht auf die Mondlandung von 1969 vorstellte.

Noch mehr als früher wurden heuer Straßen, Plätze und Parks zur Bühne. Dafür zeichnete Medienkünstler Oliver Hangl verantwortlich. So staunten die Salzburger über Klangspaziergänge, bei denen Musiker im Gehen spielten und das mit Funkkopfhörern ausgestattete Publikum fidel nachtrabte. Da wurde in Textilgeschäften ins Gewebe gesungen, in hohlen Gassen wild getrommelt. In „Flüstertunnels“ gaben Menschen à la „Stille Post“ sprachliche Botschaften weiter und verfremdeten sie: ein spannendes Spiel, das an Robert Musils Wort „Sich (frohgemut) voran irren“ erinnerte. Spektakulär waren auch die „Blind Blind Dates“: Einander unbekannte Musiker wurden in einen abgedunkelten Raum geschickt, wo sie versuchen sollten, im totalen Blindflug Musik zu kreieren. Was wundersamerweise recht harmonisch funktionierte.

Mixturen aus New Orleans und Mali

Natürlich gab es auch viele konventionelle Konzerte an fixen Orten. Jesper Munk brillierte solo mit seiner ganz speziellen Mischung aus Blues und Soul; Sängerin Mykia Jovan faszinierte mit einem Gumbo aus allen Stilen ihrer Heimatstadt New Orleans; Habib Koité aus Mali brachte mit seinem elektrischen Trio vor allem sein neues, auf Platz eins der europäischen Weltmusikcharts rangierendes Albums „Kharifa“: eingängige Arme-Leute-Lieder über Freundschaft, Solidarität und Lebenslust, die das Zwiderantentum hiesiger Wohlstandsbürger einigermaßen absurd erscheinen ließen.

Bei der Londoner Formation Hejira verband Leadsängerin Rahel Debebe-Dessalegne ihr steinaltes äthiopisches Erbe mit modernsten Klängen: Da schnalzte und gurrte es, dass es nur so eine Freude war. Sentimentales Highlight war der Auftritt des Klarinettisten Rolf Kühn, der im Mozarteum Stücke seines neuen Albums, „Yellow + Blue“, innig spielte. 90 Jahre alt ist er und wirkt und klingt bubenhaft. Es zahlt sich eben aus, nicht in Pension zu gehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2019)

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